Zum Thema Wagenburgstraße 149 – 153
erreichte uns ein Leserbrief, den wir natürlich auch veröffentlichen wollen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich wohne in einem denkmalwürdigen Zeugnis der Stuttgarter Arbeiterwohnungsbaubewegung in Stuttgart –Ost, Wagenburgstrasse das im Architekturführer Stuttgart aufgeführt ist und auch schon mal ausgezeichnet wurde.
Das Haus gehört der Bau- und Heimstättenverein eG, die es nun ganz entgegen ihrer bisherigen Praxis in anderen Fällen (Erhaltung, Modernisierung etc.) komplett abreißen und durch einen Neubau ersetzten möchte. Leider hat die Genossenschaft, auch die letzten Jahren, nicht sichtbar in nennenswertem Umfang in die Instandhaltungspflege, z. B. der Fenster, investiert. Die Genossenschaft rechtfertigt ihr Abrissvorhaben mit einer insgesamt schlechten, nicht zukunftsfähigen Bausubstanz, eine Auffassung, die ich nicht teile.
Trotz der sehr zurückhaltend betriebenen Instandhaltungspflege, ist der Zustand der Bausubstanz als gut zu bezeichnen, sodass es ein Jammer wäre, dieses wichtige und stadtteilprägende Gebäude abzubrechen. Nicht zuletzt ist auch der Zuschnitt der Wohnungsgrundrisse als bemerkenswert gelungen zu bezeichnen. Die Wohnungen weisen z. B. alle ein vom Badezimmer getrenntes WC auf, separate Speisekammern etc.
Durch einen Neubau könnte man evtl. mit einer anderen Mieterklientel wohl deutlich höhere Mieten als bisher erzielen.
Der Mieterverein Stuttgart der ebenfalls bezahlbare Mieten in Stuttgart als Ziel seiner Tätigkeit anführt, ist ebenfalls für den Erhalt dieses Gebäudes um somit weiterhin bezahlbaren Wohnraum in Stuttgat-Ost zu erhalten und will sich hierfür einsetzten!
Zwischenzeitlich hat sich aber die Mehrheit des Bezirksbeirats Stuttgart-Ost und ein Großteil der Menschen aus diesem Stadtteil für den Erhalt dieses stadtteilprägenden Gebäudes ausgesprochen: Dies belegt auch eine Unterschriftensammlung die binnen kürzester Zeit über 900 Unterschriften erbrachte, die bereits im Sommer letzten Jahres anlässlich einer Bezirksbeiratssitzung an den Vorstand der Genossenschaft übergeben wurde.
Mit der Überschrift „Bezahlbarer Wohnraum statt Reichenghetto“ berichtet die Zeitung des Mietervereins von einem Gespräch zwischen Bezirksvorsteher Martin Körner und dem Mietervereinsvorsitzenden Rolf Gassmann. Laut Mieterzeitung vom Feb. 2011 soll sich Martin Körner in dem Gespräch Sorgen darüber gemacht haben, dass in Stuttgart-Ost viele Bürger keine bezahlbare Wohnung mehr finden.
Wenn es Martin Körner ernst damit meint, könnte er seine Funktion als Aufsichtsratsmitglied beim Hausbesitzer (Bau- und Heimstättenverein) auch dafür nutzen, dass mit der Sanierung erhaltungswürdiger Bausubstanz bezahlbare Mietwohnungen erhalten bleiben. Er könnte dann evtl. auch dafür sorgen, dass die Wohnungen, die bereits bald 2 Jahre leer stehen, umgehend an Wohnungslose bzw. Wohnungssuchende vermietet werden könnten.
Dementsprechend sollte er die Vereinbarkeit des geplanten Abrisses mit dem Ziel der Erhaltung preisgünstigen Wohnraums überprüfen und die bislang nicht offengelegte Konzeption seiner Genossenschaft einschließlich der angestrebten neuen Mieten im geplanten Neubau offenlegen, um damit die Schlüssigkeit des Abrisses auf der Grundlage seines lobenswerten vorgeblichen sozialpolitischen Ziels darlegen. Eine Informationsveranstaltung für die Mieter und Anwohner die im Herbst 2010 stattfinden sollte, fand bis heute nicht statt!
So wie die wiedergegebenen Aussagen des Herrn Körner bislang beziehungslos zu diesen nicht offen gelegten Fakten im Raume stehen, könnten die Aussagen von Herrn Körner als substanzarme Schlagwortparole zwecks bloßer Wahlwerbung ohne dahinter stehende ernsthafte tatsächliche Absicht verstanden werden.
In einer Email an den Unterzeichner hat er zwar angegeben, dass mit der Errichtung des Neubaus gerade niedrigere Mieten ermöglicht werden sollen. Es ist allerdings nicht nachvollziehbar, wie sich das angesichts der Kosten des Abrisses und des Neubaus mit der Behauptung der Genossenschaft, der Abriss sei der wirtschaftlichere Weg und den damit offen eingeräumten ertrags- und bilanzwirtschaftlichen Zielvorstellungen vertragen soll.
Andreas Hubler
Anmerkung, Andreas hat uns gebeten seinen Namen in diesen Beitrag zu setzen
Wir haben ja schon einige Beiträge zu diesem Thema im Blog: Wagenburgstraße 149 – 153
Beitrag in der Mieterzeitung: mieterverein-stuttgart.pdf
Beitrag im stuttgarter-wochenblatt/ Trotz Widerstands leeren sich die Wohnungen
Foto, Klaus
Hallo,
ich habe mich schon in früheren Beiträgen für den Erhalt und die zeitgemäße Renovierung des Bauwerks ausgesprochen. Einige meiner Klassenkameraden ( Grundschule ) wohnten dort.
Aber immer wenn in Stuttgart einem Bauwerk ein besonderer architektonischer oder historischer Wert zugemessen wird, kann man darauf wetten, dass das Bauwerk abgerissen wird. Beispiele gefällig?
Der Bezirksbeirat ( Micro-Kommunal-Politiker ) hat hier keine Stimme – er kann nasebohrend dem Abriß zusehen und mehr auch nicht.
Und die Genossenschaft (?) hat hier andere Ziele als die Bereitstellung preiswerten Wohnraums. Man wird den Bewohnern andere Domizile zuweisen, aber dies bedeutet auch die Vernichtung sozialer Netze, von Nachbarschaften und von Freundschaften.
Diese Gesellschaft wird zunehmend emontional ärmer gemacht und ich finde es interessant dies zu beobachten.
Freundliche Grüße
stratkon
Nur zur Information, wer hier klar Position bezieht. Der Bezirksbeirat folgte mehrheitlich dem Antrag.
Ich finde es nicht gut, dass ein Leserbrief ohne namentliche Nennung veröffentlicht wird, der bestimmte Personen namentlich angreift. So viel Mumm sollte man schon haben.
Viele Grüße
Daniel Campolieti
SPD-Fraktion im Bezirksbeirat Stuttgart-Ost
Antrag zum TOP 4,1 der Sitzung am 19. Jan. 2011:
1. Der Bezirksbeirat spricht sich gegen die Pläne des Bau- und Heim¬stättenvereins aus, das Wohngebäude Wagenburgstraße 149-153 abzu-reißen.
2. Der BB würde es bedauern, wenn dem Bewohner des Hauses, der sei-ne Bedenken gegen den Abriss auch im BB vorgetragen hat, daraus Nachteile erwachsen würden.
Begründung:
Der BB hat bisher versäumt, seine Position in dieser Sache deutlich zu machen. Auch der Antrag von SÖS/Linke ist unpräzise.
Das Gebäude ist zweifellos ortsbildprägend. Es stammt von dem bedeu-tenden Architekten Karl Beer, dem „Hausbaumeister“ des Vereins. Mit zahlreichen Baudetails dokumentiert es den Geist seiner Entstehungszeit. Die Beschädigungen im Krieg waren entgegen anderslautenden Aussagen minimal, wie Bildvergleiche beweisen.
Für die SPD-Fraktion
Ulrich Gohl
@ Daniel Campolieti
Hallo,
der Bezirksbeirat kann sich für oder gegen Pläne aussprechen – das ist dem Gremium unbenommen. Nur hat der Bezirksbeirat nicht die geringste Möglichkeit auf die Pläne des Eigentümers Einfluß zu nehmen.
Entweder gibt es eine Abrißgenehmigung oder auch nicht – dies ist KEINE Entscheidung des Bezirksbeirats, der einfach diese Befugnis NICHT hat. Der Bezirksbeirat hat auch kein, durch freie und demokratische Wahlen erworbenes, Mandat.
Abgesehen davon habe ich keine Person namentlich angegriffen. Weiterhin abgesehen davon würde ich den Abriß des Hauses beklagenswert finden – aber dies habe ich auch bereits so ausgesagt.
Mein Name ist in der Fotogalerie Stuttgart und hier „stratkon“, denn ich möchte schon dass ein Zusammenhang gewahrt bleibt.
Freundliche Grüße
stratkon
Hallo Daniel,
ich werde den Briefschreiber mal auf diese Situation ansprechen und Ihn bitten seinen Namen preiszugeben. Ich nehme an, dass er sich vor Nachteilen als Mieter von Seiten der Wohnbaugesellschaft fürchtet.
Gib das bitte auch an Herrn Gohl weiter.
Grüßle Klaus
@Stratkon,
es geht ja nicht um Deinen Kommentar sondern um den Leserbrief.
Grüßle Klaus