Kloster Maulbronn – Maulbronner Madonna restauriert
Ein außergewöhnliches Kunstwerk und Kulturerbe kommt ans Licht: Die Restaurierung und Erforschung der thronenden Madonna mit Kind aus der Maulbronner Klosterkirche brachte spektakuläre Erkenntnisse. Die überlebensgroße Skulptur ist zwischen 1307 und 1317 wahrscheinlich in Köln entstanden. Aus Nussbaumholz geschnitzt, besaß sie in ihrer ausgehöhlten Rückseite eine Kammer für Reliquien. Originale Farbreste beweisen, dass die Madonna früher eine prunkvolle Farbfassung mit Vergoldungen, reichen Verzierungen und einer lebendigen Gesichtsfarbe trug. Diese wertvollen Befunde für die Nachwelt zu bewahren, war Ziel der Restaurierung durch die Staatlichen Schlösser und Gärten. Die Madonna gehört zu den herausragenden Ausstattungsstücken des Weltkulturerbes Kloster Maulbronn und wird nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten in der Klosterkirche 2013 einen würdigen Platz erhalten.
Viele Maulbronner und Klosterbesucher kennen die thronende Madonna mit Kind hoch oben an der Wand des Chores der Klosterkirche, ihrem Standort seit 1956. Ablösungen der Farbfassung, akuter Schädlingsbefall und Verschmutzung machten 2010 eine Restaurierung dringend erforderlich. Die Schlössern und Gärten präsentierten jetzt in Maulbronn die abgeschlossenen Arbeiten. Dr. Felix Muhle, Restaurator bei der Schlösserverwaltung berichtete, dass die Holzschädlinge mit einem thermischen Verfahren in den Restaurierungswerkstätten der Staatlichen Schlösser und Gärten bekämpft werden konnten. Für die Konservierung von Holz und Farbfassung, vor allem aber für eine restauratorische und naturwissenschaftliche Untersuchung des Bestandes sei es gelungen, einen kompetenten Partner ins Boot zu holen: die Staatliche Akademie der bildenden Künste Stuttgart. Hier werden seit 1976 Restauratoren auf höchstem Niveau ausgebildet. Mit der Maulbronner Madonna befasste sich eine junge F rau vom Fach: Magdalena Schlesinger untersuchte die kostbare Figur im Rahmen ihrer Diplomarbeit. Ihr gelang es auch, die ursprüngliche Gestaltung der farbigen Fassung der Figur nachzuweisen. Die junge Restauratorin festigte abgelöste Partien der fragmentarischen Farbfassung, reinigte die Oberflächen der Figur und retuschierte Fehlstellen.
Nach der Restaurierung ist der Rang der Maulbronner Madonna erst richtig erkennbar geworden. Die Figur aus Nussbaumholz ist allein schon durch die Größe etwas Besonderes: Mit 170 cm Höhe überragt sie die meisten anderen Marienfiguren des frühen 14. Jahrhunderts. Aber auch die künstlerische Qualität ist außergewöhnlich. Der Vergleich mit anderen Werken der Zeit macht es den Kunsthistorikern möglich, ihre Herkunft in der mittelalterlichen Kunstmetropole Köln zu lokalisieren. Dr. Gabriele Kleiber, Kunsthistorikerin und Konservatorin bei den Staatlichen Schlössern und Gärten, fasste das Ergebnis zusammen: „Für die Menschen, die die Madonna in ihrer früheren goldglänzenden und farbigen Pracht im mittelalterlichen Kirchenraum in Maulbronn erlebten, muss der Eindruck überwältigend gewesen sein.“ Wenn in der Klosterkirche von Maulbronn die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen sind, wird mit allen Beteiligten ein Aufstellungsort gesucht, der dem Rang und der S chönheit dieses sakralen Kunstwerkes angemessen ist. Bis dahin verwahren die Staatlichen Schlösser und Gärten die Kostbarkeit in ihren Depots. Kleiber: „Man darf sich jetzt schon auf das Wiedersehen mit der Maulbronner Madonna im Jahr 2013 freuen – und dann an ihrem endgültigen Standort.“
Foto, Detlef (fotogalerie-stuttgart)