Jetzt glänzen sie wieder: Die acht Gedenktafeln der evangelischen Äbte von Bebenhausen gehören eindeutig zum eindrucksvollsten, was sich in der ehrwürdigen Klosterkirche vor den Toren der Universitätsstadt Tübingen an Kunstwerken erhalten hat. Die kostbaren Stücke des 16. bis 18. Jahrhunderts sind frisch restauriert und wieder in der Klosterkirche zu sehen.
Sie fallen ins Auge: In der Klosterkirche von Bebenhausen sind sie farbenprächtiger Schmuck der Wände der Seitenschiffe und Querhäuser. Die Gedenktafeln, sogenannte Epitaphe, erinnern an Leben und Taten der protestantischen Klostervorsteher. Die Konservierung der hölzernen Tafeln und Schnitzereien war dringend nötig, so Dr. Felix Muhle, als Restaurator der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg für die Betreuung zuständig: „Das feuchte Klima in der Kirche, frühere Eingriffe – und der natürliche Alterungsprozess der Tafeln“, so Muhle, seien verantwortlich gewesen, dass d ie Kunstwerke Betreuung brauchten. Seit 2010 hatten mehrere freiberufliche Restauratorinnen und Restauratoren im Auftrag der Staatlichen Schlösser und Gärten daran gearbeitet.
Epitaphe sind Denkmäler, die an Verstorbene erinnern, meist in unmittelbarer Nähe zum Grab. In Bebenhausen sind es die Monumente der acht einander folgenden evangelischen Äbte ab dem 16. Jahrhundert. Die Leiter der Klosterschule wurden meist in der Kirche bestattet. Im Kirchenschiff erinnerte dann ein solcher prächtiger Epitaph an den Toten und seine Verdienste. Die Bebenhäuser Gedenkmonumente sind wichtige Zeugnisse der protestantischen Geschichte des einstigen Klosters. Und für die mittelalterliche Klosterkirche, die ihre Ausstattung aus der Zeit vor der Reformation fast ganz verloren hat, sind sie, was den Raumeindruck angeht, von kaum zu überschätzender Bedeutung. Obendrein lässt sich an den acht Monumenten die Entwicklung des Totengedenkens von der Zeit der Reformation bis ins Ba rock verfolgen. Wie Restaurator Muhle als Fachmann der Staatlichen Schlösser und Gärten berichtet, hingen diese Epitaphe noch im 19. Jahrhundert an den Pfeilern des Mittelschiffs der Klosterkirche. Aus welchem Grund sie später in die Seitenschiffe und das nördliche Querschiff versetzt wurden – das wurde noch nicht erforscht.
Die Restaurierung. Was gab bei den Staatlichen Schlössern und Gärten den Anlass für die aufwendigen restauratorischen Maßnahmen? Felix Muhle zählt die Schäden auf: Stellenweise drohten Partikel der Malschicht abzufallen, weil sich die Farbfassung gelöst hat. Eine ganz banale Beeinträchtigung: Die Oberflächen sammeln über die Jahre hin Schmutz, an manchen Stellen ließ sich sogar Schimmelbefall feststellen. Das Hauptaugenmerk der Restauratoren habe daher auf der Festigung der Farbschicht und auf der Reinigung gelegen. Immer wieder geht es auch darum, die Holzpartien zu konsolidieren, die in früheren Zeiten durch Insektenfraß – d as, was umgangssprachlich als Holzwurm bekannt ist – beschädigt worden seien. Aktuelle Schäden gibt es hier allerdings nicht mehr: Diese Schädlinge sind bei den Epitaphen von Bebenhausen bereits 1984 bekämpft worden. Damals waren auch brüchige Holzpartien gesichert worden. Ältere Überarbeitungen, etwa problematische Ergänzungen im Holz oder farbliche Überarbeitungen, beeinträchtigten das Erscheinungsbild der Epitaphe teilweise. Wenn noch ursprüngliche Farben darunter vorhanden waren, haben die Restauratoren diese älteren Übermalungen jetzt entfernen können. Kleine Ausbrüche in der Farbschicht haben die heutigen Restauratoren vorsichtig retuschiert und ältere störende Ergänzungen durch vorsichtige farbliche Anpassung in das Gesamtbild integriert.
Kunstgeschichtlicher Hintergrund. Die Gedenktafeln beeindrucken schon durch ihre Größe: Es handelt sich um bis zu vier Meter hohe Holzkonstruktionen mit Säulen, Gesimsen, Skulpturen und Gemäldetafeln. Auf den ersten Blick sehen die Epitaphe aus wie Altäre. Allen gemeinsam sind Schrifttafeln, die wortreich von Leben und Taten der Kloster- und Schulvorstände erzählen. Ebenfalls immer präsent: ein Portrait des Toten im reich geschmückten Aufsatz über dem Hauptbild.
Die acht Monumente sind nicht nur als historische Zeugen der Klostergeschichte interessant, sie bieten auch eine Reise durch die Kunst von der Renaissance bis zum eleganten Spätbarock. Vier der Epitaphe stammen aus dem 16. und 17.Jahrhundert und orientieren sich daher noch im klaren Aufbau und den Ornamenten an der Kunst der Renaissance. Biblische Erzählungen bestimmen die Motivwahl der großen Mitteltafeln. Und zeittypisch findet man hier auch, streng aufgereiht und mit gefalteten Händen, die Familie des Toten: Die Äbte des evangelischen Klosters waren verheiratet und hatten Kinder.
Zwei Epitaphe stammen von 1683 und 1720. Zu erkennen sind sie an den reich bewegen barocken Ornamenten und daran, dass sie sich auf die feierlichen Farben Schwarz und Gold beschränken.
Zwei weitere Monumente stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Sie tragen im Zentrum Inschriften, keine Gemälde. Die Eleganz der Figuren und des architektonischen Rahmens zeigt die zeittypischen Formen des späten Barock.
Anfragen zu Führungen und Besichtigungen im Kloster: Tel. 07071.6028-02 (Klosterkasse)
Internet: kloster-bebenhausen
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