Archäologisch-bodenkundliche Untersuchungen der Baustellen von Stuttgart 21
Antrag der Stadträtinnen/Stadträte – Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Böden sind Zeugnisse der Kulturgeschichte. Bereits im 16. Jahrhundert wurde im heutigen Mittleren Schlossgarten, einem ehemaligen Sumpf- und Moorgebiet, Erde aus der Umgebung – mit Sand vermischt – eingebracht, um das Gebiet landwirtschaftlich nutzen zu können.
Mit einer bodenkundlichen Kartierung im Mittleren Schlossgarten könnte der bisher nicht bekannte, ursprüngliche Verlauf des Nesenbachs erforscht werden.
Nun wurde bei Untersuchungen des Bodens im Mittleren Schlossgarten ein historischer, in Sandstein gemeißelter Kopf gefunden. Dieser Fund wird von der Archäologin des Landesamtes für Denkmalpflege zwar als zufällig eingestuft, trotzdem ist im Mittleren Schlossgarten mit weiteren, möglicherweise bedeutenden historischen Funden und Bodenbefunden zu rechnen. Beim Bau der Arnulf-Klett-Passage wurde ein römisches Gemäuer entdeckt.
Unter dem Bahnhofsturm gab es angeblich auch historische Zeugnisse (entsprechende Nachforschungen laufen derzeit noch). Der Vorgänger des Alten Schlosses, um 1000 errichtet, wurde auf einem aufgeschütteten Hügel errichtet. Dabei wurden Drainagen angelegt, die weit in den Schlossgarten reichten, damit das Wasser in Richtung Nesenbach abfließen und der Park entstehen konnte.
Das Eisenbahnbundesamt hat in seinen Planfeststellungsbeschlüssen zu Stuttgart 21 attestiert, dass es im Schlossgarten und im Rosensteinpark archäologische Fundstellen aus der Römer- und Alemannenzeit gibt. Solche Befunde liegen unter späteren Auffüllschichten verborgen.
Wir halten Forschungen zur Frage, wie sich die Kulturlandschaft im Herzen Stuttgarts entwickelt hat, für unerlässlich. Hier liegen die kulturellen und zivilisatorischen Wurzeln der Stadt, welche für die Nachwelt untersucht und dokumentiert werden müssen. Dies wäre auch ein notwendiger Beitrag zum künftigen Stadtmuseum.
Wir beantragen daher:
1. Die Stadt Stuttgart tritt an das Landesdenkmalamt heran mit der Aufforderung, eine archäologische
Baubegleitung für die Baumaßnahmen von Stuttgart 21 vorzusehen und einzurichten. Im Zusammenhang mit diesen Untersuchungen sollen auch bodenkundliche Kartierungen vorgenommen werden.
2. Von der Baustelle im Mittleren Schlossgarten wurde schon Bodenaushub abtransportiert.
Archäologen und Bodenkundler sollten die Möglichkeit erhalten, auch dieses Material archäologisch zu untersuchen.
Unterzeichnet:
Clarissa Seitz, Michael Kienzle, Peter Pätzold