Während einer Kabinettssitzung in Brüssel hat sich die Landesregierung von Baden-Württemberg mit dem europäischen Kaufrecht beschäftigt. Justizminister Rainer Stickelberger betonte, dass er sich von einem optional anwendbaren, gemeinsamen europäischen Kaufrecht Vorteile für den grenzüberschreitenden Rechtsverkehr verspreche. „Derzeit haben es Unternehmen beim grenzüberschreitenden Handel innerhalb der Europäischen Union mit 27 Rechtsordnungen zu tun“, erklärte er: „Gerade für kleine und mittlere Unternehmen bringt das einen enormen Aufwand mit sich, der durch ein fakultatives europäisches Kaufrecht zu minimieren wäre.“ Allerdings bestehe beim Vorschlag der Europäischen Kommission noch Nachbesserungsbedarf.
Momentan gelten bei grenzüberschreitenden Geschäften in der EU die Vertragsrechtssysteme der jeweiligen Mitgliedsstaaten. Wenn beispielsweise ein Unternehmer aus der Tschechischen Republik Autos bei einem Hersteller in Deutschland bezieht, unterliegt der Vertrag in der Regel dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Bestellen wiederum Geschäftsleute aus Deutschland Schuhe bei einem Fabrikanten in Italien, so gilt der italienische Codice Civile.
„Sollte der Vorschlag der Europäischen Kommission zum Tragen kommen, könnten sich Vertragspartner bei grenzüberschreitenden Geschäften auf die Anwendung des europäischen Kaufrechts einigen“, stellte der Minister fest. Das gelte für Unternehmen wie für Privatleute. „Das Bürgerliche Gesetzbuch bliebe davon unberührt, es käme lediglich eine weitere Rechtsordnung in Europa hinzu.“
Die Landesjustizverwaltungen würden sich nun mit den Details des Entwurfs der Europäischen Kommission für ein gemeinsames europäisches Kaufrecht befassen – insbesondere gestützt auf Stellungnahmen aus der gerichtlichen Praxis. Dabei werde es um nötige Nachbesserungen gehen. Stickelberger betonte jedoch, dass diese nicht zulasten des Verbraucherschutzes gehen dürfen. Der Vorschlag der Europäischen Kommission weise ein hohes Verbraucherschutzniveau auf: „Und das muss auf jeden Fall bleiben“, so der Justizminister.
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Im Oktober 2011 hat die Europäische Kommission einen Entwurf für eine „Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht“ vorgelegt. Ziel ist die Stärkung des Binnenmarkts. Zu diesem Zweck soll bei grenzüberschreitenden Geschäften innerhalb der EU künftig die Möglichkeit bestehen, dass sich beide Vertragspartner auf die Anwendung eines einheitlichen europäischen Kaufrechts einigen.
Das europäische Kaufrecht soll für Geschäfte sowohl zwischen Unternehmen und Verbrauchern als auch zwischen Unternehmen gelten. Bislang unterliegen grenzüberschreitende Geschäfte in der EU den Vertragsrechtssystemen der jeweiligen Mitgliedsstaaten.
Während der Bundestag sich dem Vorhaben gegenüber skeptisch zeigt und eine Subsidiaritätsrüge erhoben hat, begrüßte der Bundesrat in einem Beschluss vom November 2011 die Pläne der Europäischen Kommission. Eine detaillierte Stellungnahme der Länderkammer wird folgen.
Quelle: Justizministerium Baden-Württemberg
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