Bad Cannstatt – eine Wiege des deutschen Fußballs
Das Stadtmuseum Stuttgart zeigt von Mittwoch, 17. April, bis Sonntag, 28. Juli, die Sonderausstellung „Wie der Fußball nach Württemberg kam“ im Stadtmuseum Bad Cannstatt, Marktstraße 71/1 (Klösterle-Scheuer). Die Ausstellung zeigt, dass bereits 1865 – viel früher als bisher angenommen – auf dem Cannstatter Wasen Fußball gespielt wurde.
Vor 120 Jahren, am 9. September 1893, wurde einer der Ursprungsvereine des VfB Stuttgart – der Fußballverein Stuttgart 1893, gegründet. Ein guter Grund für die beiden Historiker Olaf Schulze und Dr. Manfred Schmid vom Planungsstab Stadtmuseum Stuttgart, sich auf Spurensuche in den Tiefen deutscher Fußballgeschichte(n) zu begeben. Dabei stießen die beiden auf einen ungeahnten Fund: „Unsere Historiker haben den bislang ältesten Beleg für Fußballspiele auf dem Cannstatter Wasen entdeckt“, sagt Dr. Anja Dauschek, Leiterin Planungsstab Stadtmuseum Stuttgart. „Bereits im Jahr 1865 wurde dort gekickt. Damit waren die Cannstatter rund zehn Jahre früher dran als der Rest des Landes.“
Rugby, der Vorläufer des heutigen Fußballs, war schon in den 1830er-Jahren zur beliebten Sportart in England geworden. Mit den Engländern kam das populäre Ballspiel nach Stuttgart und fand dort rasch begeisterte Anhänger. „Mitte des 19. Jahrhunderts war Bad Cannstatt ein international beliebter Kurort“, so Manfred Schmid. „Die Kinder der englischen Kurgäste gingen auf Privatschulen in Cannstatt und brachten ihren Mitschülern erst Rugby und dann Fußball bei.“ So auch William Cail, Schüler der Klose’schen Privatschule und Rugbypionier. „Von William Cail stammt der früheste Beleg für Fußball in Bad Cannstatt“, berichtet Olaf Schulze. „In seinen Lebenserinnerungen haben wir den Beleg gefunden, dass bereits 1865 auf dem Cannstatter Wasen Ball gekickt wurde.“ Auszüge aus den Erinnerungen des ehemaligen Cannstatter Schülers zeigt die Ausstellung.
Wie ein Virus verbreitete sich das Fußball-Spiel in ganz Stuttgart und wurde schnell zum Massenphänomen. „Zunächst trafen sich vor allem Oberschüler, Lehrlinge und Gesellen zum Kicken auf der Straße“, sagt Manfred Schmid. „Aus diesen sogenannten Straßenwetzen entstanden ab den 1890er-Jahren zahlreiche Vereine in der ganzen Stadt.“ Aus zwei großen Vereinen – dem Fußballverein Stuttgart 1893 und dem Cannstatter Kronen-Club – ging 1912 der heutige Fußball-Bundesligaverein VfB Stuttgart hervor. Parallel zur Fußball-Aufbruchsstimmung in Stuttgart entwickelte sich auch der Sportjournalismus. „Philipp Heineken, bekannter Cannstatter Fußball- und Sportpionier, gab 1894 das erste Fußball-Fachblatt für Deutschland heraus“, so Olaf Schulze. „Die Zeitschrift hieß ‚Der Fußball. Zeitung zur Förderung aller Athletischen Sports‘ und wurde immerhin fast 30 Jahre vor dem ‚Kicker‘ in einem Stuttgarter Verlag herausgegeben.“ Doch die neue Ballsportart, die in ihren Anfängen noch stark vom englischen Einfluss und englischem Fachvokabular geprägt war, stieß nicht nur auf begeisterte Anhänger. Es gab auch Widerspruch, der sich etwa in der Kampfschrift des Stuttgarter Gymnasiallehrers Karl Planck, der „Fußlümmelei“, manifestierte.
Die Ausstellung ist zu folgenden Öffnungszeiten zu sehen: Mittwoch und Samstag von 14 bis 16 Uhr und Sonntag von 12 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Öffentliche Führungen in der Sonderausstellung finden an folgenden Terminen statt: Mittwoch, 24. April, um 16 Uhr, Sonntag, 19. Mai, um 15 Uhr, Mittwoch, 5. Juni, um 16 Uhr sowie Sonntag, 28. Juli, um 15 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Führung kostet 3 Euro.
Weitere Infos: literaturland-bw/museum
Quelle Stadt Stuttgart
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