Neue Möglichkeiten im Kampf gegen Lärm
Neuartige Messverfahren könnten im Kampf gegen Verkehrslärm neue Handlungsoptionen eröffnen. Durch eine technische Weiterentwicklung sind die zur Verkehrszählung verwendeten sogenannten Leitpfostenzählgeräte auch zur Lärmmessung einsetzbar.
Dies hat ein Modellprojekt im Südschwarzwaldort Präg (Kreis Lörrach) auf einer bei Motorradfahrern beliebten Bergstrecke ergeben. Mit dem neuen Verfahren können Geschwindigkeitsverläufe und Lärmwerte einzelner Fahrzeuge ermittelt werden. „In Verbindung mit Schwerpunktkontrollen der Polizei könnten damit in naher Zukunft auch gezielt zu laute Fahrzeuge im Verkehr ausfindig gemacht werden“, erklärte die baden-württembergische Lärmschutzbeauftragte Gisela Splett in Stuttgart.
Zielsetzung des Pilotversuchs mit dem Einsatz von Leitpfostenzählgeräten zur Lärmmessung ist es, das Verfahren so weiterzuentwickeln, dass es in das landesweite Verkehrsmonitoring integriert und so die Datenlage zu Straßenverkehrslärm im Land verbessert werden kann.
Staatssekretärin Splett erläuterte: „Normalerweise werden Lärmwerte an Straßen berechnet und nicht gemessen. Gerade in untypischen Situationen wie in Präg, wo auf einer Gebirgsstrecke sehr viele Motorradfahrer unterwegs sind, sind die normalen Berechnungen aber nur bedingt aussagekräftig. Es ist deshalb wichtig, für solche Strecken ein kostengünstiges Messverfahren zu entwickeln.“ Die Lärmmessung mit Leitpfostenzählgeräten ist hierbei ein erfolgversprechender Ansatz, mit dem Baden-Württemberg bundesweit Pilotfunktion übernimmt.
Die bei Präg – einem Teilort der Schwarzwaldgemeinde Todtnau – gemessenen Lärmpegelverläufe der einzelnen Fahrzeuge zeigen einmal mehr, dass es eine breite Streuung gibt. Sowohl bei Motorrädern als auch bei Pkw bestehen große Lautstärke-Unterschiede zwischen einzelnen Fahrzeugen. Insgesamt waren die erfassten Motorräder im Vergleich zu den Pkw schneller und im Schnitt rund 5 dB(A) lauter. „Die auf diese Art und Weise gewonnen Daten können auch zu einer Verbesserung der Berechnungs- und Beurteilungsvorschriften, z.B. im Hinblick auf die bessere Berücksichtigung von Motorrädern, beitragen“, betont Splett.
Keine schnelle Abhilfe gegen Motorradlärm
Schnelle Abhilfe gegen Motorradlärm lässt sich aus den Messungen allein aber nicht ableiten. „Die Hürden, die uns die Straßenverkehrsordnung für verkehrsbeschränkende Maßnahmen in den Weg stellt, sind leider hoch“, betont die Lärmschutzbeauftragte. Um Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Lärmschutzgründen anordnen zu können, müsse demnach eine „konkrete Gefahrenlage“ mit hohen Lärmwerten vorliegen. Trotzdem, so Staatssekretärin Splett, werde man die Möglichkeiten auf der Grundlage der in Präg erhobenen Daten nochmals intensiv prüfen.
Auch gegen besonders laute Fahrzeuge vorzugehen, ist nicht einfach. Baden-Württemberg hatte im vergangenen Jahr im Bundesrat eine Mehrheit für einen Antrag erhalten, dessen Zielsetzung die Begrenzung des von Motorrädern ausgehenden Lärms durch bessere Genehmigungsvorschriften war. Auf europäischer Ebene wurden die Vorschläge Baden-Württembergs aber bisher noch nicht berücksichtigt. Auch in Brüssel geführte Gespräch haben keine Hoffnung auf eine zeitnahe Verbesserung des europäische Regelwerks gemacht.
„Wir bleiben am Thema dran“
„Wir bleiben am Thema dran“, verspricht Splett. So werde man sich weiter für bessere Handlungsmöglichkeiten insbesondere gegenüber lautstärkemanipulierten Motorrädern einsetzen. Es sei auch noch zu prüfen, wie Lärmmessungen mit Leitpfostenzählgeräten an autobahnähnlichen Straßen durchgeführt werden können. Ein entsprechendes Vorhaben an der A 81 soll durchgeführt werden, sobald die Technik hierfür zur Verfügung steht.
Künftig könnten beispielsweise bei Verkehrskontrollen besonders laute Einzelfahrzeuge über Lärmmessungen mit den unauffälligen Leitpfostenzählgeräten identifiziert und dann im Rahmen einer Fahrzeugkontrolle auf nicht zugelassene Lärm erhöhende Bauartveränderungen hin überprüft werden. „Mir ist sehr daran gelegen, unsere Erkenntnisse zum Verkehrsverhalten auf den Landstraßen in Baden-Württemberg ganz gezielt für eine effektive Verkehrsüberwachung auf den Strecken einzusetzen, wo zu schnell gefahren und durch nicht angepasste Fahrweise unnötig Lärm erzeugt wird“, so die Lärmschutzbeauftragte Gisela Splett.
Quelle, Ministerium für Verkehr und Infrastruktur