Bevölkerung, Landwirtschaft, Tourismus, Industrie und Gewerbe in Baden-Württemberg müssen sich in Zukunft auf ein wärmeres Klima einstellen – verbunden mit mehr Sommer- und Hitzetagen, mehr Tropennächten sowie geringeren Sommerniederschlägen.
Die Winter werden dafür milder, aber auch niederschlagsreicher. Zu diesen Aussagen kommt eine aktuelle Studie der LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz zur möglichen zukünftigen Entwicklung des Klimas im Land.
„Natürlich wird es auch künftig immer wieder mal einen sehr kalten Winter oder einen verregneten Sommer geben“, betonte Umweltminister Franz Untersteller anlässlich der Veröffentlichung der Studie. Dies liege aber an den natürlichen Schwankungen des Klimas, die nicht mit langfristigen Klimaveränderungen gleichgesetzt werden dürften. „Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass über längere Zeiträume gesehen mit teils starken klimatischen Veränderungen zu rechnen ist“, so der Minister für Umwelt und Klima weiter. „Die Aussagen zur Entwicklung des Klimas variieren, je nachdem, welches Klimamodell gewählt wird. Deshalb haben wir uns für den Ansatz entschieden, aus möglichst vielen anerkannten Klimamodellen eine Gesamtschau zusammenzustellen“, erläuterte Margareta Barth, Präsidentin der LUBW bei der Vorstellung der Ergebnisse.
Anpassungsstrategie des Landes
„Die Studie ist für uns eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung der Anpassungsstrategie des Landes an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels. Wir können zwar nicht in die Zukunft sehen, aber mit der aktuellen Auswertung von Klimamodellen können wir aufzeigen, wie sich das Klima im Land unter plausiblen Annahmen weiter entwickeln wird. Damit erhalten strategische Entscheidungen, die wir zur Anpassung an den Klimawandel in vielen Bereichen treffen müssen, eine bessere Absicherung“, erklärte Franz Untersteller.
In der bundesweit wohl einmaligen Studie werden 29 unterschiedliche regionale Klimaberechnungen analysiert, verglichen und auf ihrer Basis „Klimatische Leitplanken“ berechnet. Die Leitplanken zeigen die Bandbreite der künftigen Klimaentwicklungen auf. In der Studie werden Szenarien sowohl für die „Nahe Zukunft“ (2021 – 2050) als auch für die „Ferne Zukunft“ (2071 – 2100) vorgestellt. Für 28 verschiedene Kennzahlen liegen nun Leitplanken vor, beispielsweise für die Entwicklung der Jahresmitteltemperatur, der Sommertage, der Hitzetage, der Niederschlagssumme, der Anzahl der Trockenperioden sowie der Heiz- und Kühltage.
Anstieg der Jahresmitteltemperatur
Für die „Nahe Zukunft“ wird beispielsweise ein Anstieg der Jahresmitteltemperatur auf circa 9,5 °C erwartet. Zum Vergleich: Im Zeitraum 1971 – 2000 lag die Jahresmitteltemperatur bei 8,4 °C. Die Bandbreite – die Leitplanken – der möglichen Entwicklung reicht dabei von 9,2 °C bis 10,1 °C. Für die „Ferne Zukunft“ gehen die ausgewerteten Klimamodelle – im schlechtesten Fall – sogar von einem Anstieg auf bis zu 12 °C aus.
„Es ist wichtig, auch die Bandbreite und die Unsicherheiten der Entwicklung für die verschiedenen Klimakennzahlen aufzuzeigen. Nur so ist es möglich, in den verschiedenen Einsatzbereichen wie Gesundheitsvorsorge oder Landwirtschaft geeignete Strategien für die Zukunft zu entwickeln“, betonte Präsidentin Barth. „Regional betrachtet werden wir mit einer deutlich höheren Wärme- und Hitzebelastung rechnen müssen als diese landesweiten Durchschnittswerte vermitteln. Dies gilt zum Beispiel im Rheingraben und im Verdichtungsraum Stuttgart. Generell können wir aus den Modellergebnissen für die Entwicklung der Temperatur eine gute Richtungssicherheit entnehmen“, so Barth weiter.
Ballungsraum Karlsruhe
Für den Ballungsraum Karlsruhe gehen die Modelle zum Beispiel davon aus, dass wir einen drastischen Anstieg an Sommer- und Hitzetage haben werden. In der Klimanormalperiode 1971 – 2000 gab es nur circa 58 Sommertage pro Jahr, im Zeitraum 2021 – 2050 werden es nach den Modellen in der oberen Bandbreite bereits 68 – 75 Tage sein und im schlechtesten Falle Ende des Jahrhunderts circa 90 – 102 Sommertage. Als mittel- und langfristig umzusetzende Anpassungsmaßnahmen kommen in den von Hitze besonders betroffenen städtischen Verdichtungsräumen zum Beispiel die Erhaltung oder das Schaffen von Frischluftschneisen in Betracht. Auch können die jeweilige Bauweise und die Stadtgestaltung an das zukünftige Klima angepasst werden. Kurzfristig sind zum Beispiel Beschattungsmaßnahmen oder Trinkbrunnen an Haltestellen denkbar.
Extremereignisse wie Hochwasser und Hagelschäden
In den letzten Jahrzehnten sind auch die ersten Folgen des Klimawandels deutlicher erkennbar geworden: Extremereignisse wie Hochwasser und Hagelschäden haben zugenommen. In der Natur wurden unterschiedliche Reaktionen auf klimatische Veränderungen beobachtet: Wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten wanderten vermehrt ein, der Frühling begann über die Jahre gesehen im Schnitt früher und die Vegetationsperioden dauerten länger.
Studie „Zukünftige Klimaentwicklung in Baden-Württemberg – Perspektiven aus regionalen Klimamodellen
Anpassungsstrategie Baden-Württemberg
Quelle, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
Archivfotos, Wolfgang und Klaus