Liebe MitstreiterInnen,
diese Woche hat die Landesregierung ihren neuen Leitfaden zur Bürgerbeteiligung der Öffentlichkeit vorgestellt. Damit soll angeblich eine Lehre aus dem „Kommunikationsproblem“ gezogen werden, das die Projektbetreiber mit dem Projekt Stuttgart 21 erfahren mußten. Zugleich soll damit die von Landesregierung postulierte „Politik des Gehörtwerdens“ in eine konkrete politische Praxis übersetzt werden.
Was die hehren Worte zur Bürgerbeiligung in der Realität wert sind, zeigt uns ein weiteres Mal die empörende Verfügung des EBA von Ende Oktober die von der Bahn beantragte massive Erhöhung der Entnahme von Grundwasser ohne weitere Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuwinken – und das noch vor der Entscheidung des Regierungspräsidiums über die Fortführung der GWM-Anhörung. Laut EBA „belegen die vorgelegten Fachgutachten in schlüssiger Weise, dass von der Erhöhung der Grundwasserentnahmemengen bei Einhaltung im Einzelnen beschriebener Maßnahmen und entsprechender fachlicher Begleitung keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen insbesondere auf das Heil- und Mineralwassersystem, Geologie, Bauwerke, Hangstabilität und Vegetation ausgehen.“
Prof. Uwe Dreiss ist in seiner Rede auf der letzten Montagsdemo auf diese Argumentation eingangen und hat darauf hingewiesen, daß die einzige Grundlage für diese Bewertung die Sichtweise eines Experten und eine Langzeitversuch war, der nur für 5 Tage angesetzt, lediglich an 3 Tagen verwertbare Daten lieferte, die mitnichten die Modellberechnungen bestätigten. Mit dieser Entscheidung wird die beantragte 7. Planänderung zum GWM bereits vorab abgesegnet, obwohl weder alle relevanten Gesichtspunkte bei der Anhörung vorgetragen, geschweige denn die Kritikpunkte der S21-Kritiker in angemessener Weise widerlegt werden konnten. Ein weiteres Mal werden bestehende rechtliche Regelungen unterlaufen und selbst der Anschein eines faires Beteiligungs- und Anhörungsverfahrens Lügen gestraft. ?Wir rufen gleichwohl dazu auf, sich beim Regierungspräsidium Stuttgart für die Fortführung des Erörterungsverfahren zum GWM einzusetzen und darauf zu dringen, dass die nicht behandelten Themen dort verhandelt werden. Weitere Infos findet Ihr hier.
Trotz unseres Engagements müssen wir feststellen, dass wir dem Zerstörungskurs der Bahn momentan wenig entgegensetzen können. Ein Baum nach dem anderen wird gerodet und geschreddert, zuletzt die Bäume am König-König-Katharinen-Stift. Sollte das GWM Mitte nächstes Jahres in Betrieb gehen, ist das Mineralwasser, dessen Schutz angeblich allen Beteiligten am Herzen liegt, mehr denn je akut bedroht.
Unsere Bemühungen, mit einer Protest-Aktion parallel zur laufenden Haushaltsdebatte am 24. Oktober im Gemeinderat eine breite Öffentlichkeit über die Schattenfinanzierung von S21 zu informieren und gemeinsam mit anderen Gruppen auf die Folgewirkungen dieser verfehlten Finanzpolitik in Stuttgart hinzuweisen, hatte leider nur eine bescheidene Resonanz. Wir diskutieren, ob wir nochmals eine Anstrengung unternehmen, bei der abschließenden Beratung des städtischen Haushalts im Gemeinderat im Dezember zu einer breiteren Protest-Aktion zu mobilisieren. Allen, die sich an unserer Aktion am 24. Oktober beteiligt haben, ein herzliches Dankeschön!
Unser nächstes öffentliches Treffen findet kommenden Freitag, den 8. November statt, wie immer um 19 Uhr in der Palette. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. Danke an Michael für die Erstellung des Protokolls der letzten Sitzung.
Noch einige Termine und Hinweise:
Am Samstag, den 9. November findet um 16:30 auf dem Platz vor der ehemaligen Synagoge eine Kundgebung anlässlich des 75. Jahrestages der Reichsprogromnacht statt. Wir haben neben vielen anderen Gruppen zu der Veranstaltung aufgerufen und würden uns freuen, wenn sich viele daran beteiligen.
Am Sonntag, den 10. November findet von 11 bis 16 Uhr der Tag der offenen Tür im frisch sanierten Kursaal statt. Wir wollen diese Verstaltung zum Anlass nehmen, um für die derzeit laufenden Bürgerbegehren zur Finanzierung und zum Leistungsbetrug von S21 Unterschriften zu sammeln. Wäre schön, wenn noch weitere Zeit hätten, sich aktiv an dieser Unterschriftensammlung zu beteiligen. Am 18. November findet um 19:30 Uhr im Stuttgarter Rathaus eine Veranstaltung statt, bei der die Initiatoren der Bürgerbegehren über die Hintergründe informieren und ein Erfahrungsaustausch und die Vernetzung von Aktivisten möglich ist.
Aus Anlaß des Prozesses, den das Kommunikationsbüro gegen die Stuttgarter Zeitung angestrengt hat, haben unsere Mitstreiter aus Esslingen wieder einen sehr lesenswerten Tunnelblick produziert. Schlagzeile: Wie die deutsche Bahn die Öffentlichkeit manipuliert. Wer Zeit und Lust hat, sich an der Verteilung im Cannstatter Bahnhof zu beteiligen, soll sich bei uns melden.
Unseren MitstreiterInnen grüßen wir mit einem freundlichen „Oben bleiben“
Wolfgang
für die Bad Cannstatter gegen S21