Vor 60 Jahren trat die Landesverfassung Baden-Württembergs in Kraft. Zum Jahrestag lobt Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Weitsicht der Verfassungsmütter und -väter: „Baden-Württemberg ist nicht nur in guter Verfassung, sondern hat auch eine gute Verfassung.“
Dass es das Grundgesetz als bundesdeutsche Verfassung gibt, das weiß eigentlich jeder. Dass aber auch die einzelnen Länder jeweils eigene Verfassungen haben, ist weniger bekannt. Dabei sind die Landesverfassungen Ausdruck des föderalen Staatsaufbaus von Deutschland: der Bund ist der Gesamtstaat, die Länder so genannte Gliedstaaten. Auch Baden-Württemberg hat eine eigene Verfassung. Sie trat am 19. November 1953 um Punkt 9 Uhr in Kraft – und ist somit nun 60 Jahre alt.
Noch immer aktuell
Die Formulierungen der Autorinnen und Autoren der Landesverfassung seien oft heute noch erstaunlich aktuell, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann beim Festakt zum Verfassungs-Jubiläum in Stuttgart. So etwa im Bereich Bildung, wo in Artikel 11, Absatz 1 steht: „Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung.“ Das, so der Ministerpräsident, bedeute nichts anderes, als dass es einen Verfassungsauftrag an die Politik gibt, für gerechte Bildungschancen zu sorgen.
Ein weiterer Abschnitt behandelt das Thema Toleranz in Schulen. „Bildung soll ethisch fundiert sein“, so Kretschmann, „also nicht nur freie Fahrt dem Schlaueren, Besseren oder ‚besser‘-Gestellten, sondern Solidarität und soziale Empathie.“ Auch die in der Verfassung vorgesehene Einbeziehung der Eltern in die Schularbeit zeige, dass schon damals in der Bildungspolitik zu Vielem aufgefordert wurde, was die Landesregierung heute, in zeitgemäßer Form, umsetzt. „Ich finde, die Mütter und Väter unserer Landesverfassung haben viel Weitblick bewiesen“, so Kretschmann.
Symbol für die Eigenstaatlichkeit
Neben dem Inhalt sei die Landesverfassung aber auch ein Symbol für die Eigenstaatlichkeit der Bundesländer. Und diese Eigenstaatlichkeit Baden-Württembergs gelte es wieder zu stärken. Deshalb mache sich die Landesregierung für eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen stark. „Wir brauchen eine faire Lastenverteilung“, sagte Kretschmann in seiner Rede, „die wirkungsvolle Anreize gibt für Nehmerländer und finanzstärkere Länder nicht dauerhaft überfordert.“ Die Länder müssten finanziell in der Lage sein, ihre Aufgaben zu erfüllen.
Kretschmann ist es ein Anliegen, dass sich die Menschen im Land noch mehr mit dem Gemeinwesen und auch der Landesverfassung identifizieren können. „Ein wichtiger Schritt ist uns dabei ja schon einvernehmlich gelungen“, so der Ministerpräsident, „nämlich die Landesverfassungsbeschwerde zum 1. April einzuführen.“ Den Bürgerinnen und Bürgern habe man so einen direkten Zugang zum Verfassungsgericht des Landes eröffnet, ihren Grundrechtschutz ausgeweitet und damit generell die Verfassung stärker ins private und öffentliche Blickfeld gerückt.
Mehr direkte Demokratie
Neben der Landesverfassungsbeschwerde will die Landesregierung den Menschen auch politisch mehr Bürgerbeteiligung und Mitbestimmung ermöglichen „Wir sind auf gutem Weg, die Möglichkeiten von Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie in Baden-Württemberg deutlich auszuweiten“, so Kretschmann, „und so auch das in der Landesverfassung angelegte plebiszitäre Element zu stärken.“
Weiterführende Links
Baden-Württemberg.de: Landesverfassung
Pressemitteilung: 60 Jahre Landesverfassung Baden-Württemberg
Quelle, Staatsministerium
Archivfoto