Rundmail Bad Cannstatter gegen S21: Wegschauen hilft nicht …

Liebe MitstreiterInnen,

Für nächsten Dienstag hat die Bahn angekündigt, die erste Baugrube für den S21 Bahnhofstrog anzugraben. Zum X-ten Mal soll Medienvertretern und somit der Öffentlichkeit ein planvoller und erfolgreicher Fortschritt beim Bau von S21 verkündet werden. Ja, für einzelne Medienvertreter, wie für Hilke Petersen, Leiterin des ZDF-Landesstudios in Stuttgart, ist erst jetzt „Baubeginn bei dem umstrittenen Projekt“. Für die Parkschützer ist die Öffnung der Baugrube das dritte markante Datum – nach Abriß der Seitenflügel des Bahnhofs und der Parkrodung – in der Murks-Geschichte von Stuttgart 21. Ob dem so ist, überlassen wir den Geschichtsschreibern. Festhalten wollen wir aber, dass die Bahn erneut mit Zustimmung von EBA und städtischen Umweltbehörden in der Planfeststellung vorgeschriebene Auflagen mißachtet – die Hauptbaugruben dürfen laut Planfeststellungsbeschluß nicht ohne durchgängige Baulogistik geöffnet werden, wie die Gruppe Nordlichter zu Recht in einem Schreiben an die Stadt Stuttgart moniert.

Auch die für das Graben der Baugrube – aus Sicht der Projektbetreiber – notwendige Erlaubnis zum nahezu unbeschränkten Abpumpen von Grundwasser, liegt bis heute nicht vor. Nach der Heilquellenschutzverordnung dürfte es sie ohnehin für den ganzen Bereich des Schlossgartens nicht geben – wenn der Naturschutz in dieser Stadt eine Rolle spielen würde.
Man kann sich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass das städtische Amt für Umweltschutz und das EBA den von den Ingenieuren22 aufgedeckte Rostschwindel einfach ausssitzen wollen, obwohl auch ihnen klar sein dürfte, dass Grundwasser und Mineralwasser durch das Einleiten von Millionen Litern rosthaltiger Brühe massiv Schaden leiden. Dr. Hans Heydemann hat hierzu  auf der letzten Montagsdemo eine ausgezeichnete Rede gehalten.

Um so wichtiger, daß der Widerstand gegen S21 zeigt, dass wir nicht nur die besseren Argumente gegen dieses Murksprojekt haben, sondern auch gewillt sind, unsere Argumente und Inhalte in eine größere Medien-(öffentlichkeit) zu transportieren, die für diesen Tag zu erwarten ist. Wir rufen deshalb dazu auf, sich an den verschiedenen Protestaktionen, die für den 5.8. geplant sind, zu beteiligen. Los geht es schon um 6:30 mit einer Aktion der Blockadegruppe, um 9 Uhr machen wir eine Bannerparade (Treffpunkt Ausgang Klett-Passage Richtung Park), ab 18 Uhr ist eine Kundgebung geplant. Weitere Details auf der Parkschützerseite.

Genauere Absprachen der Cannstatter können bei unserem nächsten Treffen am kommenden Freitag, den 1. August getroffen werden. Es findet wie üblich ab 19 Uhr in der Palette statt.

Zu den Debatten des letzten Treffens liegt ein Protokoll auf unserem Server. Beim kommenden Treffen wollen wir auch klären, ob wir eine längere Sommerpause einlegen wollen. Spätestens in der 2. Septemberwoche soll es aber weiter gehen. Für Herbst planen wir auch wieder eine ganztägige Veranstaltung, bei der wir eine aktuelle Standortbestimmung unserer Arbeit im S21-Widerstand vornehmen und klären wollen, welche Schwerpunkte und Aktivitäten wir uns für die Zukunft vornehmen.
Eins scheint mir heute schon klar: Die Energien, die derzeit von vielen für das Verdrängen der offensichtlichen Stadt- und Infrastrukturzerstörung aufgewandt werden, könnten besser eingesetzt werden. Wegschauen bringt nichts, wenn man täglich über sinnlose Baustellen stolpert, massive Rechtsbrüche von Bahn und Projektbetreibern zur Kenntnis nehmen muß; sich über die Mißachtung demokratischer Prozesse ärgert und über die Verschleuderung finanziellen Ressourcen aufregt, die an anderer Stelle in dieser Stadt dringend benötigt werden. Eine andere Perspektive von Stadtentwicklung in Stuttgart – jenseits von Autowahn, Tunnelbau, Bahnchaos und Immobilienspekulation – wird sich nur aus unserem gemeinsamen Widerstand entwickeln. Die Flucht an einen anderen Ort werden sich die wenigsten leisten wollen oder können. Zumal das Prinzip Stuttgart 21 überall seine zerstörerischen Wirkungen entfaltet. Genaueres dazu im wieder mal vorzüglichen Tunnelblick, diesmal mit dem passenden Titel: „Urlaub mal anders“ . Wir werden den Tunnelblick nächste Woche wieder am Cannstatter Bahnhof verteilen. Wer helfen will, kann sich bei uns melden.

Wir bleiben oben

Wolfgang

für die Bad Cannstatter gegen S21

Fotos, Klaus

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