Vor hundert Jahren: Straßenbahn zum Friedhof Feuerbach eröffnet
Pressemitteilung der SSB vom 25.08.2014
Es war die letzte Streckeneröffnung der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) im Jahr 1914, damals vor hundert Jahren: Am 6. Juni jenes Sommers zog erstmals ein Straßenbahnwagen rumpelnd seine Funken über das kurze, nur rund 600 Meter mesende Streckenstück in Feuerbach vom Beginn der damaligen Botnanger Straße – heute Feuerbacher-Tal-Straße – bis gegen das Ortsende Richtung Friedhof. Damit war in der damals selbständigen Gemeinde Feuerbach ein Mini-Strecken“netz“ entstanden, denn an der Ecke Botnanger Straße/Solitudestraße (heute Hohewartstraße)/Stuttgarter Straße gab es nun auch eine Gabelung der Straßenbahngleise. Die Stammstrecke führte schon seit 1909 ein kurzes Stück nach Westen in die obere Stuttgarter Straße, damals Rosenstraße genannt. Sie endete etwa knapp vor der Höhe der heutigen Scharfenschlossstraße. Zwei Linien bedienten die „Hauptstrecke“: Linie 12 gondelte, von Cannstatt und der Haldenstraße über Löwentor und Pragsattel kommend, Richtung Friedhof Feuerbach, während den Ast in die Rosenstraße die Linie 16 übernahm. Sie verband Feuerbach via Pragsattel mit dem Stuttgarter Schlossplatz, um von dort über Schlachthof schließlich Hedelfingen zu erreichen.
Aus heutiger Sicht erscheint die Streckenführung Richtung Friedhof eigenartig abgelegen. Doch dort erstreckte sich das Herz von Alt-Feuerbach, dort lag die zentrale Besiedelung. Das heutige Feuerbach mit seiner großen Ausdehnung nach Westen gab es noch lange nicht, dort dehnte sich zum guten Teil noch grüne Wiese. Die Herrlichkeit währte nur ein Jahr lang, dann, im Juni 1915, dann wurde das Angebot wieder bis zur Gabelung an der Stuttgarter Straße zurück- genommen, vermutlich zur Einsparung von Personal und Wagenkilometern. Richtung Friedhof fuhr nichts mehr. Dabei blieb es, denn längst dehnte sich Feuerbach in andere Richtungen aus, wo größerer Bedarf nach einer Schienenanbindung bestand. Zeitweise war zwar eine Ausdehnung der Straßenbahn von Feuerbach durchs Tal bis Botnang erwogen worden. Doch Botnang wieder hatte schon gleich zu Anfang des Jahres 1914, im Januar, den Anschluss an das Stuttgarter Netz über den Botnanger Sattel an den Vogelsang erhalten. Eine zweite Strecke wäre zwar für Botnang und die Industrie in Feuerbach wünschenswert gewesen, aber durch das unbesiedelte obere Feuerbachtal wenig rentabel. Darauf hatte die damals privat finanzierte SSB keine Lust. Selbst die 1930 eröffnete Buslinie C Feuerbach – Botnang hielt sich mangels Masse nicht lange und ging schon 1932 wieder ein.
Mit der Städtischen Straßenbahn Feuerbach hatte die Strecke der SSB durch die Stuttgarter Straße damals nichts zu tun. Die „Städtische“ entstand erst viel später, 1926, in der sich heftig vergrößernden und selbständigen, selbstbewussten Stadt Feuerbach, und berührte das „feindliche“ SSB-Gleis nicht. Sie verlief durch die damalige Bismarckstraße (heute Wiener Straße) Richtung Weilimdorf und Gerlingen und baute bei der Ecke Stuttgarter Straße / Föhrichstraße ihr eigenes Depot. Erst ab 1929 kam es schrittweise zur Vereinigung der beiden Netze, bei der auch das „Stuttgarter“ Gleis ab der Rosenstraße dann auf das „Feuerbacher“ Gleis an der Föhrichstraße stieß. 1934, nach der Eingemeindung von Feuerbach nach Stuttgart, vor nunmehr 80 Jahren, wurde die Städtische Straßenbahngesellschaft Feuerbachs dann auch formal aufgelöst.
1914 wurden übrigens auch nach Beginn des Krieges noch ein paar kleine weitere Streckenabschnitte der SSB in der Landeshauptstadt fertig – doch nur, was den Gleisbau anbetraf, damit man die Baugruben schließen konnte. Der kostbare Fahrdraht wurde nicht aufgehängt, das Kupfer wanderte wohl direkt in die Rüstungsfabriken, und so nutzten vorläufig keine Straßenbahnwagen die neuen Gleise. Erst ab 1920, nachdem die Stadt Stuttgart die Aktien der SSB praktisch vollständig übernommen hatte, war wieder an neue Strecken und die Fertigstellung des Angefangenen zu denken.
Fotos, SSB Archiv Alt-Feuerbach um 1914, Klaus