Pressemitteilung der SSB
Nach kleinem Umbau haben sich die Pforten des Straßenbahnmuseums in Bad Cannstatt wieder geöffnet. Neu sind zwei Dinge: die wiederhergestellte östliche Hallenwand mit verglasten Toren, so dass wieder mehr Licht in die Halle kommt. So ist es fallweise auch wieder möglich, dass einzelne Fahrzeuge den Standort wechseln oder zu Sonderanlässen die Halle verlassen. Seit der Bodensanierung des umgebenden Geländes vor etwa vier Jahren war die Einfahrt provisorisch mit großen Platten verschlossen gewesen, die Fahrzeuge sozusagen eingemauert.
Neu für die Besucher ist nun auch die nächste Sonderausstellung, die der Verein Stuttgarter Historische Straßenbahnen (SHB) erstellt hat: Fahren an der Heimatfront. Es geht um die Straßenbahn im Krieg, und zwar in beiden Weltkriegen. Der Verein hat eine Reihe von Originalexponaten aus jener Zeit zusammengetragen, ergänzt um historische Fotos. Das größte Relikt der Sonderausstellung ist ein Feldbahnzug mit einer kleinen Diesellok und Kipploren, das Gegenstück zum so genannten Trümmerbahnzug der Straßenbahn. Die Standard-Kipplore, die einen Dreiviertelkubikmeter Inhalt fasste, kann als neutrales technisches Symbol für damalige Großbauvorhaben ebenso gesehen werden wie für die Folgen der Zerstörung, Trümmerbeseitigung und vor allem Wiederaufbau. Kreuz und quer verliefen die Gleise der Lorenbahnen seinerzeit durch Stuttgart. Zwei Menschen konnten solch eine Lore auch von Hand schieben, und so machte fast jeder, der damals auf der Welt war, früher oder später Bekanntschaft mit den rustikalen Vehikeln: seien es die legendären Trümmerfrauen, die wohl oder übel Hand anlegen mussten, seien es die Lausbuben, die sonntags verbotene Spritztouren auf den ausgeleierten Gleisen unternahmen.
Die Ausstellung macht auch deutlich, was Krieg und Nachkriegszeit für Straßenbahn, Straßenbahner und natürlich für die Kunden bedeuteten: Die Straßenbahn musste Güterwagen schleppen, Frauen übernahmen an vielen Stellen das Zepter oder vielmehr die Kurbel, Rentner wurden für ihren alten Beruf bei der SSB reaktiviert. Die buchstäblich düsteren Seiten und die Zeitläufe davor und danach werden nicht ausgespart: Verdunkelung, Tarnung und Leuchtfarbenanstrich, Bombenangriffe, Verwundetentransporte, Gefallenenmeldungen von Kollegen, Inflation, Besatzung. Solange die Straßenbahn fuhr – und sie fuhr fast immer noch irgendwie – war sie zwar Teil des Krieges, gleichzeitig unabhängig davon vor allem aber immer ein aufatmend wahrgenommenes kleines Zeichen für Normalität, Verlässlichkeit und Bürgerlichkeit, selbst inmitten des Inferno.
Straßenbahnwelt Stuttgart, Veielbrunnenweg 3, Bad Cannstatt. Geöffnet Mi, Do, So 10 – 17 Uhr. Sonderausstellung „Fahren an der Heimatfront – Die Straßenbahn im Krieg“, bis Mai 2015. – Telefon 0711 / 78 85-77 70. www.strassenbahnwelt.com
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