Der Landtag hat mit Zustimmung aller Fraktionen das von Sozialministerin Katrin Altpeter vorgelegte erste Psychiatriegesetz für Baden-Württemberg beschlossen. Damit kann das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten wie geplant zum 1. Januar 2015 in Kraft treten.
Ministerin Altpeter zeigte sich hocherfreut über die fraktionsübergreifende Zustimmung. „Das ist sehr ungewöhnlich und zeigt, wie gut wir gearbeitet haben“, sagte sie. Es habe sich ausgezahlt, dass das Gesetz in einem sehr breiten Dialogverfahren mit allen Beteiligten entwickelt wurde. Die Ministerin wies darauf hin, dass auch Bürgerinnen und Bürger während des Anhörungsverfahrens die Möglichkeit hatten, den Gesetzentwurf auf dem Beteiligungsportal des Landes zu kommentieren.
Das Gesetz gibt Altpeter zufolge zum ersten Mal verbindlich vor, wie die Rahmenbedingungen für eine gemeindenahe und bedarfsgerechte Versorgung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder Behinderung aussehen müssen. Außerdem würden mit dem Gesetz die Rechte der Patientinnen und Patienten und ihrer Angehörigen deutlich gestärkt.
Sozialpsychiatrische Dienste
Bei einer gemeindenahen und bedarfsgerechten Versorgung spielt die flächendeckende ambulante Grundversorgung durch die Sozialpsychiatrischen Dienste (SpDi) eine wichtige Rolle. Deren Angebote werden der Ministerin zufolge mit dem Gesetz auf eine rechtlich sichere Grundlage gestellt und die Förderung durch Landeszuschüsse erstmals gesetzlich geregelt. Die Ministerin: „Die Sozialpsychiatrischen Dienste leisten niedrigschwellige Hilfen bei der Vor- und Nachsorge und bei der Krisenintervention.“ Sie sollen sich dazu mit den Gemeindepsychiatrische Verbünden (GPV) vernetzen, die in allen Stadt- und Landkreisen eingerichtet werden sollen.
Flächendeckende Anlauf- und Beschwerdestellen für psychisch Kranke
Auf Kreisebene werden nach den Angaben der Ministerin neue Informations-, Beratungs- und Beschwerdestellen geschaffen. Sie sollen auch Auskünfte über wohnortnahe Hilfs- und Unterstützungsangebote geben. Auf Landesebene werde eine Ombudsstelle installiert, die gegenüber dem Landtag berichtspflichtig sei. Altpeter: „Wir stärken damit deutlich die Rechte von Patientinnen und Patienten und ihrer Angehörigen.“
Zum Schutz der Rechte von Personen, die gegen ihren Willen aufgrund richterlicher Anordnung in psychiatrischen Einrichtungen untergebracht wurden, werden Altpeter zufolge Besuchskommissionen als neutrale Kontrollinstanz eingerichtet. Sie sollen mindestens alle drei Jahre die Einrichtungen überprüfen. Neu aufgebaut werde zudem ein zentrales Melderegister über Zwangsmaßnahmen. Darin würden alle Unterbringungsmaßnahmen und freiheitsentziehenden Zwangsmaßnahmen in den Einrichtungen erfasst.
Maßregelvollzug
Das derzeitige Unterbringungsgesetz mit den Vorschriften für die öffentlich-rechtliche Unterbringung und den (strafrechtlichen) Maßregelvollzug wird mit dem Inkrafttreten des neuen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes außer Kraft gesetzt. Darin wird erstmals für Baden-Württemberg eine spezialgesetzliche Rahmenregelung für den Maßregelvollzug geschaffen. Straftäter sollen therapiert und resozialisiert und zugleich soll die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet werden. Das Gesetz sieht deshalb nach den Worten von Ministerin Altpeter auch eine bessere Nachsorge bei der Entlassung von Maßregelvollzugspatienten vor. Ziel sei es, Behandlungserfolge zu stabilisieren und Krisensituationen rechtzeitig zu erkennen, so die Ministerin.
Beteiligungsportal Baden-Württemberg: Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz
Quelle, Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren