Land stellt Stufenkonzept zur Luftreinhaltung vor
Verkehrsminister Winfried Hermann hat das Landeskabinett bei der auswärtigen Sitzung in Brüssel über das Maßnahmenpaket zur Luftreinhaltung und zur Senkung der Feinstaubwerte in Stuttgart informiert.
„Das Konzept enthält kurzfristig sowie mittelfristig wirksame Maßnahmen zur weiteren Reduzierung der primären Feinstaubemissionen und benennt die dafür jeweils erforderlichen Zeiträume sowie die Wirkung. Diese Konzeption haben wir der Bundesregierung zur Weitergabe an die Europäische Union übermittelt, um das Vertrags- verletzungsverfahren abzuwenden, das die EU gegen Deutschland eingeleitet hat, weil die Feinstaubgrenzwerte in Stuttgart und Leipzig nicht eingehalten werden“, erläuterte Minister Hermann.
Konkrete Maßnahmen auf fünf Handlungsfeldern
Der bisher vorliegende Grobentwurf des Konzepts, das mit der Landeshauptstadt abgestimmt wurde, umfasst Ansätze für konkrete Maßnahmen auf fünf Handlungsfeldern:
- emissionsarme Fahrzeuge und Maschinen,
- 20 Prozent Reduzierung des KfZ-Verkehrs,
- Feinstaubwarnungen und Einschränkungen für Verkehr
- Feinstaubwarnungen und Einschränkungen für Kamin- und Ofenfeuerungen
- Luftreinhaltung bei Stadtplanung und beim Bau
Stufe eins: Appelle und Warnungen – Stufe zwei: Gebote und Verbote
Die Maßnahmen sollen in zwei Stufen umgesetzt werden: Stufe eins umfasst intensive Informationskampagnen, eine Verdichtung des Messnetzes und Anreize beziehungsweise Appelle an die Bürgerinnen und Bürger, ihr persönliches Verhalten zu ändern insbesondere bei austauscharmen Wetterlagen („Warnstufe Feinstaub“) mit erhöhten Feinstaubwerten. Reichen die erzielbaren Verbesserungen nicht aus, um das Ziel der sicheren Grenzwerteinhaltung bis spätestens 2021 zu erreichen, müssten in Stufe zwei verpflichtende Maßnahmen beziehungsweise Beschränkungen ergriffen werden. So soll nach dem Willen der Landesregierung die blaue Umweltzone für das gesamte Stadtgebiet eingeführt werden. Insbesondere Dieselfahrzeuge dürften dann nur noch einfahren, wenn sie über einen geschlossenen Partikelfilter verfügen. Die Voraussetzung müsste der Bund allerdings mit einer Kennzeichnungsverordnung noch schaffen. Zu den weiteren Maßnahmen würde auch eine Beschränkung der Partikelemissionen von Baumaschinen in Gebieten mit hohen Feinstaubbelastungen gehören.
Betroffene bei Maßnahmen und Zeitplan mitnehmen
„Wir werden erste Schritte zügig und konsequent angehen, bei den weitergehenden Maßnahmen aber die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen. Das Konzept soll deshalb in einem Bürgerbeteiligungsverfahren beraten werden. Denn eine Verbesserung der Luftqualität setzt Verhaltensänderungen jedes Einzelnen voraus. Dazu gehören die Bildung von Fahrgemeinschaften oder die stärkere Nutzung des ÖPNV. Das wollen wir nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg vorschreiben. Ziel des Beteiligungsverfahrens ist auch die Festlegung, in welchem Zeitplan die einzelnen Stufen greifen sollen. Für das Land besteht die Herausforderung darin, möglichst rasche Fortschritte bei der Luftreinhaltung zu erzielen. Die dafür nötigen Maßnahmen – zum Beispiel eine frühzeitige Einrichtung von Umweltspuren auf mehrstreifigen Straßen oder ein Feststoffverbrennungsverbot in kritischen Wetterlagen – müssen aber gut diskutiert sein und benötigen die Akzeptanz in der Stadt. Dann ist auch ein Zielpunkt vor 2021 möglich.“ unterstrich der Minister.
Bisherige Luftreinhaltemaßnahmen zeigen Wirkung
Minister Hermann wies zugleich darauf hin, dass die bisherigen Maßnahmen zur Luftreinhaltung wie die Einrichtung von Umweltzonen offenbar Wirkung zeigen. Denn die Luftqualität in ganz Baden-Württemberg habe sich weiter verbessert. Dies zeigten die Werte, die im vergangenen Jahr 2014 an den sogenannten Spotmessstellen für Feinstaub PM 10 erfasst wurden.
„Die Feinstaubbelastungen sind überlagert von den meteorologisch bedingten Schwankungen. Dennoch nehmen sie im Trend auch an den Belastungsschwerpunkten ab.“ So wird der geltende Feinstaubgrenzwert als Jahresmittel an allen verkehrsnah gelegenen Messstationen eingehalten. Auch bei dem Grenzwert als Tagesmittel hat sich die Situation in Baden-Württemberg nochmals deutlich verbessert: dieser wurde mit Ausnahme der Station Stuttgart am Neckartor 2014 überall eingehalten.
„Gleichwohl müssen wir weitere Anstrengungen unternehmen, um im Interesse der Gesundheit der Menschen für eine dauerhaft saubere Atemluft zu sorgen. Dazu gehört der weitere Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs, um mehr Menschen zu gewinnen, öfter das eigene Auto stehen zu lassen und stattdessen Busse und Bahnen zu benutzen“, unterstrich der Verkehrsminister.
Extra-Parkplätze für Elektroautos und weniger Lkw-Verkehr
In Stuttgart sollen in Stufe eins freiwillige Maßnahmen und Anreize zu einer Verbesserung der Feinstaubsituation beitragen. Durch privilegiertes Parken für elektrische Pkw und Zuschüsse zum Kauf emissionsarmer Fahrzeuge für innerstädtische Fahrleistungen (Bus, Taxi, Lieferdienste) soll deren Einsatz gefördert werden. Eine Ladeinfrastruktur an Taxi-Halteplätzen wird geschaffen. Zudem soll ein Gebiet für ein effektiveres Lkw-Durchfahrtsverbot flankiert von einer Öffnung für besonders schadstoffarme Lkw dazu führen, dass der Lkw-Verkehr in der Innenstadt abnimmt.
Über eine fortlaufende Optimierung der Verkehrssteuerung soll der Feinstaubausstoß weiter gesenkt werden. So ermöglicht beispielsweise das EU-Projekt 2MOVE2 vom Frühjahr 2015 an, den Verkehr je nach Aufkommen durch flexible Tempolimits optimal zu steuern. Auch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel soll noch attraktiver und für Nutzer kostengünstiger geschaffen werden. „Ziel der Landesregierung ist es, die Nutzung des ÖPNV um 20 Prozent zu steigern“, sagte Minister Hermann.
Quelle, Ministerium für Verkehr und Infrastruktur
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