Pressemitteilung der SSB vom 30.03.2015
Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB), eines der modernsten Nahverkehrsunternehmen Deutschlands, hat auch echte Dampflokomotiven im Bestand? Nicht nur das, es gibt auch richtige Dampflokführer und Mechaniker dazu. Und die werkeln schon – wie jedes Jahr um diese Zeit – schon emsig hinter den Kulissen: in der Lokomotivwerkstatt der Parkbahn auf dem Stuttgarter Killesberg. Nur dass diese Bahn eine Miniaturbahn ist, eine Parkbahn etwa im Verkleinerungsmaßstab eins zu vier, mit einer Spurweite von 38 Zentimetern, zwei Kinderfüße lang. Nur wenige Tage noch, dann wagen sich die beiden Dampflokomotiven Tazzelwurm und Springerle und die bunten Personenwagen nach der „Winterruhe“ wieder ins Freie. Denn ab Karfreitag, 3. April, ziehen sie ihre gewohnten Runden mit fröhlichen Fahrgästen über den bis zu 58 Promille steilen Rundkurs auf dem Killesberg – eine regelrechte Gebirgsbahn.
Im vergangenen Jahr taten das rund 90 000 Fahrgäste, wie schon 2013. Die Bahn fährt täglich: Unter der Woche nachmittags und am Wochenende ganztägig, dann mit einer der Dampfloks, ansonsten mit Diesel. Die erste Abfahrt morgens ist nunmehr um 10.30 Uhr statt um 10 Uhr. Auch 2015 bleiben die Preise unverändert: Die Einzeltickets für Kinder kosten 1,50 Euro, für Erwachsene 3 Euro. Weiter gibt es eine Jahreskarte, mit der man beliebig oft fahren kann. Der Eintritt in die Straßenbahnwelt Stuttgart in Bad Cannstatt ist mit enthalten.
Wie schon in den Vorjahren wurden weitere rund 300 Meter Gleis erneuert. Die Sanierung von 10 der 14 vorhandenen Personenwagen wurde nach rund zwei Jahren abgeschlossen. Die restlichen vier Reservewagen sind nun noch an der Reihe. Die Wagen bekamen unter anderem komplett neue Radsätze, das heißt Räder und Achsen. Auch wurden sie neu lackiert. Bei allen Wagen werden jeden Winter die Bremsen komplett gewartet und die Drehgestelle gewendet.
Beide Dampfloks Tazzelwurm und Springerle stehen für die anstehende Saison wieder bereit, nachdem beide über den vergangenen Winter eine Hauptuntersuchung erhalten haben, das heißt eine komplette Zerlegung mit Prüfung und Aufarbeitung aller Bauteile. Die Diesellok Blitzschwoab, auch schon ein historisches Gefährt, das der Saison vom Lokschuppen aus hatte zusehen müssen, ist wieder fit: Sie hat eine neue Getriebekupplung erhalten. Vor allem ist der Motor generalüberholt worden, keine einfache Sache für den Veteran von 1950, für den es ab Werk keine Ersatzteile mehr zu kaufen gibt. Als nächstes kommt daher die zweite, modernere Diesellok Schwoabapfeil von 1992 an die Reihe mit der gründlichen Aufarbeitung. Bei ihr wird aber so vorgegangen, dass jeweils nur eine einzelne Baugruppe möglichst kurzfristig entnommen und durchgesehen wird, so dass die Lok bei dringendem Bedarf umgehend wieder einsatzfähig ist.
Noch kein grünes Licht gibt es für die im Herbst 2014 aus Spanien eingetroffene Dampflok Santa Maria, die von gleicher Bauart ist wie die beiden angestammten Stuttgarter Dampfrösser. Auch wenn die Maschine an sich fahrfähig gewesen wäre, gehen die Werkleute der SSB auf Nummer sicher: Die jahrelange Abstellzeit hat ihr an einigen Stellen nicht gutgetan. Daher betreiben die Maschinisten im Moment Schritt für Schritt eine vorsorgende Aufarbeitung, damit das gute Stück lange einsatzfähig bleibt, ohne baldige Nacharbeit. Unter anderem wird ein Fachbetrieb aus Bruchsal verschiedene Arbeiten am Kessel durchführen. Die Eisenbahner vom Killesberg haben aber den Ehrgeiz, dass der über 80-jährige Veteran noch in dieser Saison seine ersten Runden zieht.
Über 75 Jahre Killesbergbahn
1939, vor nun über 75 Jahren, ist die so genannte Reichsausstellung für den Gartenbau in Stuttgart veranstaltet worden. Seinerzeit entstand der heutige Höhenpark auf dem Killesberg, wo sich zuvor Schutt und Verwilderung ausgedehnt hatten. Die vormaligen alten Steinbrüche der Feuerbacher wurden als romantische Kulisse geschickt in die künstliche Landschaftsgestaltung einbezogen. Wie damals für große Publikumsveranstaltungen der Brauch, entstand dazu eine so genannte Liliputbahn, Eisenbahnen in Miniaturform, gerade noch groß genug, um Fahrgäste befördern zu können. Die Münchner Lokomotivfabrik Krauss-Maffei hatte diese Art von Ausstellungsbahnen in der Krisenzeit nach dem Ersten Weltkrieg entwickelt, um an Kleinaufträge zu kommen. Diese Bahnen wurden jeweils nur für die Dauer der Ausstellungen oder Gartenschauen aufgebaut, also für ein Sommerhalbjahr. Ein Leipziger Baumaschinenhändler spezialisierte sich darauf, die Bahnanlagen und Fahrzeuge an die jeweiligen Veranstalter zu vermieten. So war es auch in Stuttgart.
Mit dem Kriegsbeginn Deutschlands Anfang September 1939 war die Gartenschau in Stuttgart sofort beendet. Die Loks wurden von ihrem Eigentümer eilends nach Sachsen zurückgeholt. Ironie der Geschichte: Nur durch den Krieg blieben Wagen und Gleise weiterhin in Stuttgart, anstatt eingelagert und abgebaut zu werden. 1950, zur nächsten Gartenschau in Stuttgart, wurde die Parkbahn freudig wieder eröffnet. Kurzerhand ließ Stuttgart in München beim gleichen Hersteller zwei neue Maschinen bauen, genau nach den bewährten alten Plänen von vor dem Krieg.
Technisches Denkmal
Nach 1950 wurde die Streckenführung wegen der Landesmesse, die sich damals schrittweise im Höhenpark ausdehnte, mehrmals stark umgestaltet. Zwei Dieselloks ergänzten den Fahrpark. In den 1990er Jahren wäre die Killesbergbahn beinahe vor ihrem Ende gestanden – niemand fühlte sich mehr so recht zuständig. Das Landesdenkmalamt stellte den kleinen Bahnbetrieb unter Denkmalschutz, schließlich bestehen mit den gleichartigen Bahnen in Leipzig, Dresden, Wien, England, Spanien und Indien internationale Zusammenhänge. Zunächst nahm sich das Grünflächenamt der Stadt Stuttgart dem technischen Kulturdenkmal an. Seit 2011 hat die SSB als das zuverlässige Schienenverkehrsunternehmen der Landeshauptstadt auch die Schmalspurbahn auf dem Killesberg unter ihren Fittichen.
Nach dem gut angekommenen Jubiläumsfest vom letzten Jahr, als 75 Jahre Killesbergbahn begangen werden konnten, veranstalten die Lokführer vom Killesberg auch heuer ein kleines Dampf(lok)fest: Am ersten Wochenende im Juli (4./5. Juli) werden alle Loks im Einsatz sein, und manche andere echten Dampffahrzeuge auf Schiene und (Park-) Straße, in verschiedenen Maßstäben und Baugrößen.
Gut zu wissen – für die Fahrgäste
Streckenlänge |
gut 2 km |
Fahrtdauer |
ca. 12 Minuten |
Betrieb |
Karfreitag – Ende September; bei gutem Wetter Wochenendfahrten bis 1. November 2015 |
Abfahrten |
Montag – Freitag 14.00 – 17.30 Uhr alle 30 Minuten, nach Bedarf öfter.
Mittwoch sowie Pfingst-/Sommerferien täglich ab 10.30 Uhr.
Samstag/Sonntag 10.30 – 17.30 Uhr |
Betrieb |
samstags, sonn- und feiertags mit Dampflok, sonst mit Diesel.
Bei schlechtem Wetter kein Betrieb. |
Fahrkarten |
am Parkbahnhof (Eingänge Am Kochenhof/Stresemannstraße). Besonderer Tarif. Übliche Ermäßigungen. Auch Jahreskarte für beliebig viele Fahrten erhältlich. |
Anfahrt |
Stadtbahnlinie U5, Buslinien 43 und 44, jeweils bis Killesberg. Schöner Rückweg durch den Leibfriedschen Garten (Straßburger Weg) bis U-Haltestelle Löwentorbrücke (Stadtbahn U6, U7, U15) |
Zugang |
zum Parkbahnhof (von den Haltestellen Stadtbahn/Bus aus) ist barrierefrei.
1 Wagen der Killesbergbahn ist für Rollstuhltransport eingerichtet.
Örtliche Hilfestellung ist gewährleistet. |
Betreiber |
Stuttgarter Straßenbahnen AG |
Information |
http://www.killesbergbahn.de/
SSB-Infotelefon: 0711 / 78 85-77 71 |
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