Wohnungsmarkt: Stuttgart führt Satzung gegen Zweckentfremdung ein
Hintergrund der Satzung ist der Mangel an bezahlbaren Wohnungen. In Stuttgart stehen aktuell bis zu 3.100 Wohnungen bewusst leer. Ebenso wächst der Markt der Ferienwohnungen über Internet-Portale. In vielen Fällen handelt es sich um eine sogenannte Zweckentfremdung von Wohnraum, der die Satzung entgegen- wirken will.
Die Preisentwicklung von Neuvertragsmieten verdeutlicht die Situation auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt: Hier stiegen die Mieten mehr als doppelt so stark an wie in Baden-Württemberg. Das Mietspiegelniveau hat sich in Stuttgart zwischen 2000 und 2014 um insgesamt 46,6 Prozent erhöht, während sich die durchschnittliche Nettokaltmiete im Land um 22,3 Prozent verteuerte. Die Verbraucherpreise stiegen im selben Zeitraum in Baden-Württemberg um 24,6 Prozent.
Die Satzung gegen Zweckentfremdung soll auch einer weiteren Verringerung des vorhandenen Wohnraumbestands entgegenwirken. Sie ist ein weiteres Instrument der Stadt, um die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu entspannen.
Grundlage für die Satzung ist ein Landesgesetz aus dem Jahr 2013. Die baden-württembergischen Städte Konstanz und Freiburg haben auf dieser Basis bereits eine entsprechende Satzung eingeführt.
Fragen und Antworten zur Satzung gegen Leerstand
Was ist eigentlich Zweckentfremdung?
Eine Zweckentfremdung von Wohnraum liegt insbesondere vor, wenn dieser
- überwiegend für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet oder überlassen wird,
- durch bauliche Veränderungen für eine Wohnnutzung nicht mehr geeignet ist,
- nicht nur vorübergehend gewerblich für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird,
- länger als sechs Monate leer steht oder
- beseitigt wird (Abbruch).
Wo setzt die Satzung an?
Die Satzung richtet sich nicht an die zahlreichen Stuttgart „Häuslesbauer“, die Wohnungen vermieten. Sie richtet sich an die Eigentümer, die eine Wohnung oder ein Haus grundlos leerstehen lassen. Die Umwandlung von Wohnungen in Büros wird nicht unter die Satzung fallen. In Stuttgart gibt es derzeit den umgekehrten Trend: Immer mehr Büros werden als Wohnungen genutzt. Diese positive Entwicklung will die Stadt nicht abwürgen. Dies könnte geschehen, wenn Eigentümer Sorge haben, dass sie diese begrüßenswerte Änderung nicht wieder rückgängig machen können.
Fällt auch Zwischenvermietung darunter?
Nein. Wer zum Beispiel länger im Ausland ist, und die Wohnung zwischenvermietet, ist nicht von der Satzung betroffen. Gleiches gilt auch für Menschen, die einen Zweitwohnsitz in Stuttgart haben.
Ist die Satzung eine neue Idee?
Nein. Sie war unter der CDU-Landesregierung bereits von 1972 bis 2000 in Kraft, daher hat die Rechtsprechung viel Erfahrung mit allen Details. Aktuell arbeiten Freiburg, Konstanz, Hamburg, München und Berlin mit dieser Satzung. Alles Städte, die Wohnraummangel und einen teuren Wohnungsmarkt haben. Die Zweckentfremdungssatzung gilt als einziges rechtliches Mittel, um Leerstand und nicht genehmigte Ferienwohnungen in den Griff zu bekommen.
Was tut die Verwaltung genau?
Die Verwaltung prüft, ob eine Wohnung leersteht und was die Gründe dafür sind. Bei einer Ferienwohnung überprüft sie, ob diese ordentlich gemeldet ist. Ebenso werden die Mitarbeiter Hinweisen aus der Bevölkerung, Leerstandsmeldern oder den Anzeigen auf Internetportalen nachgehen. Dazu wird das Baurechtsamt zwei neue Stellen schaffen.
Welche Sanktionen sieht die Satzung vor?
Das erste Ziel ist das Gespräch. In Freiburg wurden bereits zahlreiche Verfahren durchgeführt, aber bisher kein Bußgeld verhängt. Eigentümer und Verwaltung konnten immer eine Einigung finden. Sollte dies jedoch nicht erfolgen, muss künftig mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro gerechnet werden, das, wenn der Verstoß gegen die Satzung nicht beseitigt wird, auch mehrmals festgesetzt werden kann.
Wie weit greift die Stadt in Eigentumsrechte ein?
Die Stadt achtet das Recht auf Eigentum. Sie hat kein Recht, dem Besitzer vorzuschreiben, an wen die Wohnung zu vermieten ist. Zudem darf sie auch nicht unangemeldet Wohnraum betreten.
Beschlussvorlage:
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