Als Teil ihrer Strategie für den digitalen Binnenmarkt hat die Europäische Kommission erste Schritte für einen breiteren Zugang zu Online-Inhalten sowie ihr Konzept für die Modernisierung des Urheberrechts in der EU dargelegt. Die Vorschläge werden dem enormen Reformbedarf im Urheberrecht jedoch nicht gerecht, so Verbraucherminister Alexander Bonde.
„Das heute vorgelegte Konzept der EU-Kommission zur Anpassung der europäischen Urheberrechtsvorschriften an das digitale Zeitalter enthält aus Sicht des Verbraucherschutzes ein paar begrüßenswerte Ansätze, bleibt aber deutlich hinter den ursprünglichen Ankündigungen der EU-Kommission zurück. Vorschläge zur Regelung zahlreicher Probleme, mit denen Verbraucherinnen und Verbraucher täglich beim Umgang mit urheberrechtlich geschützten Inhalten konfrontiert werden, lässt der Kommissions-Vorschlag leider vermissen. Der verbraucherpolitische Mehrwert der angekündigten Maßnahmen bleibt insgesamt sehr vage“, sagte Verbraucherminister Alexander Bonde anlässlich der Vorstellung des Reformpakets der Europäischen Kommission zum europäischen Urheberrecht.
„Statt diese Chance für eine konsequente und zeitgemäße Neuausrichtung und Harmonisierung des europäischen Urheberrechts zu nutzen, beschränkt sich die EU-Kommission auf punktuelle Änderungen und unbestimmte Prüfversprechen. Nach mehrfachen Ankündigungen und monatelangen Verschiebungen hätte die Kommission mehr liefern müssen“, sagte Bonde.
Gute Ansätze von beschränkter Reichweite
Die Regelung zur sogenannten Portabilität von Online-Inhalten – also dem ungehinderten Zugang zu Inhalten und Services aus dem europäischen Ausland, die im Heimatland kostenpflichtig genutzt oder erworben wurden, könne zwar zu mehr Rechtssicherheit führen, nutze bislang aber nur wenigen Verbraucherinnen und Verbrauchern, so der Minister. „Die Kommission hat weitere Maßnahmen für das kommende Jahr angekündigt, beispielsweise zur grenzüberschreitenden Verfügbarkeit von Fernseh- und Radioprogrammen und zur einfacheren Nutzung von legalen Inhalten im Netz. Diese sind jedoch nur skizzenhaft und unverbindlich in Aussicht gestellt worden – was weder den Nutzerinnen und Nutzern noch den Kreativschaffenden klare Regeln bringt“, sagte Bonde. Der Minister betonte, dass außerdem die rechtlich unbefriedigende Situation beim Umgang mit der Privatkopiefreiheit zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin so bestehen bleibe. „Ich kann nicht nachvollziehen, dass die Kommission viele wichtigen Fragen rund um ein modernes Urheberrecht unbeantwortet lässt“, sagte Bonde.
Verbraucherinteressen bleiben auf der Strecke
Seit Jahren setzt sich das Land für eine grundlegende Reform der geltenden Urheberrechtsgesetze auf europäischer Ebene ein – mit dem Ziel, einen fairen Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen zu schaffen. „Wir müssen endlich die oftmals vernachlässigte Position der Verbraucherinnen und Verbraucher beim Umgang mit den digitalen Medien stärken, damit diese rechtssicher die vielfältigen digitalen Angebote nutzen können. Davon profitieren auch die Rechteinhaber und Urheber, in dem sie die damit verbundenen kulturellen und wirtschaftlichen Potenziale ausschöpfen können“, so Bonde.
Bereits im Jahr 2013 hatte das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) in Kooperation mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) ein gemeinsames Positionspapier mit Eckpunkten zu drängenden Problematiken aus Verbrauchersicht vorgelegt – beispielsweise dem Recht auf Privatkopie sowie dem Umgang mit nicht-kommerziellen, kreativen und kommunikativen Nutzungen urheberrechtlich geschützter Inhalte durch Verbraucherinnen und Verbraucher in der digitalen Welt. Auch eine klare Regelung zugunsten einer Weiterveräußerungsmöglichkeit von legal erworbenen gebrauchten digitalen Gütern wie eBooks oder MP3-Dateien werde wohl noch länger auf sich warten lassen, so der Verbraucherminister weiter. Dabei belege eine im Auftrag des MLR erstellte und kürzlich veröffentlichte Studie des Rechtswissenschaftlers Dr. Till Kreutzer die rechtliche und technische Umsetzbarkeit einer solchen Nutzung, so Bonde.
„Enttäuschend am vorgelegten Konzept ist auch die Erkenntnis, dass sich die EU-Kommission offensichtlich weiterhin davor drückt, viele der brennenden und kontroversen Fragen des Umgangs mit Urheberrechten an kulturellen Inhalten in der digitalen Welt anzugehen. Für mich bedeutet dies, dass es noch weiterer intensiver Anstrengung der Verbraucherpolitik bedarf, um eine verbrauchergerechte Reform des Urheberrechts zu ermöglichen. Unser Positionspapier und unsere kürzlich veröffentlichte Studie liefern wichtige und neue Impulse für die politische Diskussion. Ich hoffe, dass die EU-Kommission nachlegt“, sagte der Minister abschließend.
Geeinsames Positionspapier des MLR und des vzbv „Urheberrecht 2.0 – Wo bleiben die Verbraucher?“
Die bereits im Positionspapier aufgestellte Forderung nach einer rechtlichen Gleichstellung von analogen und digitalen Gütern wurde in einer Studie zur Weiterveräußerungsfähigkeit von digitalen Gütern von Dr. Till Kreutzer (iRights.Law Rechtsanwälte) wissenschaftlich untersucht. Diese Studie im Auftrag des MLR wurde im Oktober 2015 in Brüssel vorgestellt.
Studie zur Weiterveräußerungsfähigkeit von digitalen Gütern
Kurzfassung der Studie zur Weiterveräußerungsfähigkeit von digitalen Gütern
Foto, Klaus