Das Justizministerium initiiert ein Qualifizierungs- programm für die professionelle Zeugenbegleitung vor Gericht. Ab April dieses Jahres sollen in einem neunmonatigen Lehrgang zunächst 22 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu so genannten psychosozialen Prozessbegleitern ausgebildet werden.
Auf diese Weise sorgt das Justizministerium entscheidend dafür, dass zum 1. Januar 2017 in Baden-Württemberg eine ausreichende Anzahl an psychosozialen Prozessbegleiterinnen und -begleitern zur Verfügung stehen wird. An diesem Tag treten bundesgesetzliche Regelungen in Kraft, auf deren Grundlage Opfer bestimmter schwerer Straftaten einen Anspruch auf Beiordnung von solchen Prozessbegleitern haben werden.
Wertvoller Beitrag für gut funktionierende Rechtspflege
„Bereits jetzt leisten die häufig ehrenamtlich tätigen Zeugenbegleiterinnen und -begleiter einen ungemein wertvollen Beitrag für eine gut funktionierende Rechtspflege. Sie kümmern sich um Menschen, die als Zeuginnen und Zeugen aussagen müssen, und bereiten sie auf diese ungewohnte und auch belastende Situation vor. Damit erleichtern sie nicht nur den betroffenen Personen die Aussage, sondern tragen auch wesentlich zur Wahrheitsfindung bei. Denn die Gerichte sind vielfach darauf angewiesen, dass auch die Opfer als Zeuginnen und Zeugen vor Gericht über das Erlebte berichten. Häufig ist nur so möglich, das Geschehen aufzuklären und auf einer verlässlichen Grundlage die Schuld oder Unschuld eines Angeklagten festzustellen“, sagte Justizminister Stickelberger anlässlich einer Fachtagung der Bewährungshilfe Stuttgart im Stuttgarter Rathaus.
Beim Aufbau einer flächendeckenden Prozessbegleitung kann Baden-Württemberg auf die Erfahrungen aus einem bereits im vergangenen Jahr initiierten und noch bis Ende 2016 laufenden Pilotprojekt zurückgreifen. An den Landgerichten Stuttgart, Karlsruhe und Ellwangen unterstützen und beraten derzeit drei psychosoziale Prozessbegleiterinnen und -begleiter unter Leitung des Vereins Bewährungshilfe Stuttgart besonders schutzwürdige Opfer von Straftaten in Strafprozessen. Finanziert wird das Projekt mit einem Betrag von jährlich 200.000 Euro, den die Regierungsfraktionen durch einen entsprechenden Antrag zum Haushalt bereitgestellt haben. Die nun anstehende Weiterbildung unterstützt das Justizministerium mit rund 70.000 Euro. Die konkrete Durchführung der Qualifizierung erfolgt durch die Bewährungshilfe Stuttgart mit der Tochtergesellschaft PräventSozial gGmbH in Kooperation mit dem renommierten Weiterbildungsinstitut „Recht Würde Helfen“ und der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.
Minister Stickelberger wies auf die große Bedeutung einer professionellen Ausbildung der in der Opfer- und Zeugenbegleitung Engagierten hin. „In der Prozessbegleitung brauchen wir besonders erfahrene und interdisziplinär geschulte Fachkräfte. Sie kooperieren mit allen am Strafverfahren beteiligten Berufsgruppen, wissen um die Handlungsspielräume und Grenzen der Verfahrensbeteiligten. Sie sind mit den strafprozessualen Rahmenbedingungen ebenso vertraut wie mit den Folgen der Straftaten für die Opfer. Sie sind darin geschult, Gefährdungen für das seelische Wohl und die weitere Entwicklung der Betroffenen frühzeitig zu erkennen und vorbeugend tätig zu werden. Diese Voraussetzungen schafft die von uns geförderte Weiterbildungskooperation“, so der Minister. Er dankte dem Verein Bewährungshilfe Stuttgart mit seinem Vorsitzenden Matthias Merz für die gute und konstruktive Zusammenarbeit. „Mit dem Stuttgarter Bewährungshilfeverein und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wissen wir einen höchst kompetenten Kooperationspartner an unserer Seite, der uns auf dem ambitionierten Weg hin zu einer flächendeckenden professionellen Opfer- und Zeugenbegleitung tatkräftig, innovativ und ausdauernd begleitet“, sagte Minister Stickelberger.
Der Vorsitzende des Vereins Bewährungshilfe Stuttgart Matthias Merz wies ergänzend auf die neue Online-Plattform für Zeuginnen und Zeugen hin. „Ich freue mich sehr, dass durch soziales Engagement eines Unternehmens im Rahmen eines Studentenprojekts nach unseren Wünschen und Vorgaben ein Internetangebot entwickelt und programmiert werden konnte, das zukünftig Opfern von Straftaten, aber auch allen anderen Zeuginnen und Zeugen anschaulich und verständlich Informationen und Hinweise auf weitere Hilfe in der für sie oft sehr ungewohnten und belastenden Situation eines Gerichtsverfahrens bieten wird“, sagte Merz heute anlässlich der Vorstellung der Webseite auf dem alljährlichen Fachtag des Bewährungshilfevereins.
Quelle, Justizministerium
Foto, Klaus