Schimpfwörter und Provokationen kennt jedes (Schul-)Kind. Was aber, wenn Sticheleien zu Mobbing oder handgreiflichen Übergriffen werden? Wo ist die Grenze, wie kann ich mich als Opfer wehren? Und wie soll ich mich als Mitschüler verhalten, und was darf ich tun? Die Antworten darauf kennen selbst wir Erwachsenen oft nicht alle.
Bürgermeister Dr. Martin Schairer sagte: ‚Mit ‚Stark ohne Gewalt‘ erhalten die Schülerinnen und Schüler ein praxistaugliches und nachhaltiges Konzept, mit dem sie in einer entscheidenden Phase ihres Lebens eine professionelle Unterstützung bekommen.‘ Foto: Kraufmann/Thomas Hörner
An den Stuttgarter Schulen und Gymnasien ist ein Präventionsprojekt der Stuttgarter Sicherheitspartnerschaft angelaufen, das es in sich hat. Routinierte Polizistinnen und Polizisten teilen sich die Arbeit an den Schulen mit erfahrenen Konflikttrainern. Die Konflikttrainer bringen die Schülerinnen und Schüler dabei mitunter bis an ihre Grenzen – und holen sie dort wieder ab, um Ihnen Konfliktlösungsansätze zu zeigen.
Die Einbeziehung der Konflikttrainer ist wichtig, da sie sich auch mal in die Rolle des Provokateurs versetzen können – eine Rolle, die der Polizei niemand abnimmt. Die Polizei wiederum zeigt den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeiten und Grenzen von Notwehr oder Nothilfe auf und informiert über den Ablauf eines Strafverfahrens, sollte es zu Straftaten gekommen sein.
Knapp 10.000 Euro Fördergelder für dieses und nächstes Schuljahr
Das Präventionsprojekt hat dabei vor allem die Klassenstufen 7 bis 9 im Fokus. In der Vorbereitung waren einige Institutionen beteiligt. Neben der Stadt, der Polizei, den Konflikttrainern, dem Staatlichen Schulamt und dem Regierungspräsidium gab es auch zahlreiche Förderer wie das Landeskriminalamt Baden-Württemberg, die Opferschutzorganisation Weißer Ring e.V. und den Förderverein Sicheres und Sauberes Stuttgart e.V.
Somit sind für dieses und das kommende Schuljahr knapp 10.000 Euro an Fördergeldern zusammengekommen. Damit können je Schuljahr über 20 bezuschusste Veranstaltungen angeboten werden. Für die einzelnen Schulen bleibt nur noch ein geringer Selbstbehalt zur Deckung der Kosten für die Konflikttrainer.
Schnell zeigte sich bei der Planung, dass die finanzielle Hürde nicht die einzige ist, die bei dem Projekt zu nehmen ist: einige Anfragen mussten auf eine Warteliste für das nächste Schuljahr genommen werden, da die Terminkalender der Konflikttrainer übervoll sind.
Konflikttrainer und Schüler stellen Szene in Zugabteil nach
Das Projekt ist auf Nachhaltigkeit ausgelegt und soll im nächsten Schuljahr fortgesetzt werden. Schulleiter Norbert Edel begrüßte zum gemeinsamen Pressetermin am 13. Januar am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium den Ordnungsbürgermeister Dr. Martin Schairer, den Leiter des Referats Prävention beim Polizeipräsidium Stuttgart, Ludwig Haupt, den Vorsitzenden des Fördervereins Sicheres und Sauberes Stuttgart, Klaus Thomas, die Amtsleiterin des Staatlichen Schulamts Stuttgart, Ulrike Brittinger, Barbara Graf als Vertreterin des Regierungspräsidiums Stuttgart, das für die Gymnasien zuständig ist und den Präventionskoordinator der Opferschutzorganisation Weißer Ring e.V., Willi Pietsch.
Konflikttrainer und Schüler stellten eine Szene in einem Zugabteil nach, bei der ein Schüler mit Provokationen konfrontiert und rhetorisch an die eigene Grenze gebracht wurde. Foto: Kraufmann/Thomas Hörner
Am Vormittag fand das Projekt in zwei Klassen statt, im Anschluss folgte eine Informationsveranstaltung mit einer beeindruckenden Vorstellung. Konflikttrainer und Schüler stellten eine Szene in einem Zugabteil nach, bei der ein Schüler mit Provokationen konfrontiert und rhetorisch an die eigene Grenze gebracht wurde. Vom Konflikttrainer erhielt er Tipps und mit einem Augenzwinkern den guten Rat: „Durchatmen hilft, bleib ‚Stark ohne Gewalt‘.“
Professionelle Untersützung für entscheidende Lebensphase
Bürgermeister Dr. Martin Schairer sagte über das Projekt: „Es ist für die Stadt Stuttgart wichtig, dass Präventionskonzepte an Schulen für einen gewaltfreien Umgang durchgeführt werden. Mit ‚Stark ohne Gewalt‘ erhalten die Schülerinnen und Schüler ein praxistaugliches und nachhaltiges Konzept, mit dem sie in einer entscheidenden Phase ihres Lebens eine professionelle Unterstützung bekommen.“
Ludwig Haupt, Leiter des Referats Prävention beim Polizeipräsidium Stuttgart ergänzte: „Ich freue mich sehr darüber, dass wir mit ‚Stark ohne Gewalt‘ ein attraktives und innovatives, vor allem aber für unsere Jugendlichen und die Stuttgarter Polizei sehr wichtiges Präventionsprojekt für die Schulen haben, das die gesamtgesellschaftliche Aufgabe von Prävention unterstreicht und mit dem wir als Polizei unsere Fachkompetenz und unser Engagement mit einbringen können, um so möglichst zu verhindern, dass Jugendliche zu Tätern oder Opfern strafbaren Verhaltens werden.“
Klaus Thomas, Vorsitzender des Vereins Sicheres und Sauberes Stuttgart, fügte hinzu: „Der hier vermittelte respektvolle Umgang unterstützt das Zusammenleben und führt somit zu mehr Sicherheit an Stuttgarter Schulen, auf dem Schulweg und in der Freizeit. Insbesondere erhöht das Einüben von Verhalten durch emotional anspruchsvolle Rollenspiele deutlich die Wahrscheinlichkeit in einer realen Konfliktsituation richtig zu reagieren.“
Willi Pietsch, Präventionskoordinator des Weißer Ring e.V. in Baden-Württemberg: „Der Weiße Ring e.V. engagiert sich sehr gerne bei ‚Stark ohne Gewalt‘, weil wir finden, dass gerade dieses Angebot zur Gewaltprävention und zum Opferschutz aufgrund seines neuen und für junge Menschen auch sehr attraktiven Charakters wichtig und wirksam ist. Als Beauftragter für Prävention beim Weißen Ring e.V. könnte ich mir ‚Stark ohne Gewalt‘ auch sehr gut als landesweites Angebot vorstellen.“