Seit Abschluss des Vergleichs hat das Land eine Vielzahl von Maßnahmen geprüft und hierzu Gutachten erstellen lassen. Dabei wurde im gesamten Stuttgarter Stadtgebiet simuliert, wie sich der Verkehr bei Sperrung einzelner oder mehrerer Straßen verlagert. Die dortigen Verlagerungen wurden mit den zu erwartenden Emissionen der Fahrzeuge sowie den Immissionen im Umfeld berechnet.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass das Sperren einzelner Strecken am Neckartor und um das Neckartor herum dazu führen würde, dass die Werte für PM10 zwar am Neckartor selbst knapp in den Bereich der Grenzwerte rücken. Zugleich würde es aber dazu führen, dass andernorts in Stuttgart der Verkehr deutlich zunehmen würde (Verlagerungsverkehre). Die Konzentration des Luftschadstoffs Stickstoffdioxid (NO2) würde sich dort zudem über die zulässigen Grenzwerte erhöhen bzw. bereits überschrittene Grenzwerte würden noch weiter überschritten.
Dadurch würde ein solches auf Einzelstrecken bezogenes Verkehrsverbot, wie es mit dem Vergleich vorgeschlagen wurde, rechtswidrig – wegen Verstoßes gegen das sogenannte Verschlechterungsverbot des § 26 der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung BImSchV. Es gibt derzeit keine rechtlich zulässige Maßnahme, die der Vergleich fordert. Die Zwangsvollstreckung wird deshalb vom Land aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen zurückgewiesen.
Darüber hinaus ist es derzeit aus Sicht des Landes nicht möglich, Verkehrsverbote umzusetzen, die nach dem Emissionsverhalten der Fahrzeuge weitergehend differenzieren, als es die Plakettenregelung des Bundes (35. BImSchV) tut. Und nach dieser Plakettenregelung in ihrer heute geltenden Fassung sind alle Diesel-Pkw, die die grüne Plakette erhalten haben, von Verkehrsverboten in der Umweltzone ausgenommen. Ziel muss es aber sein, alle Diesel-Pkw mit schlechteren Abgasnormen als Euro 6 von belasteten Gebieten fern zu halten. Hierzu bedarf es einer blauen Plakette, die aber der Bund einführen müsste. Ob das Land eine Zwischenlösung ohne Plakette einrichten darf, wird höchstrichterlich geklärt werden.
Denn in dieser Frage hat das Land in dem parallel laufenden Verfahren zwischen der DUH und dem Land die Sprungrevision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingereicht. Mit einem Urteil ist in der ersten Jahreshälfte 2018 zu rechnen. Es ist daher folgerichtig, sich auch im Parallelverfahren zum Vergleich mit den Neckartoranwohnern um eine rechtssichere Lösung zu bemühen.
Sämtliche beteiligte Behörden arbeiten weiterhin mit Hochdruck daran, die Verkehrssituation in Stuttgart insgesamt zu verbessern, um die Schadstoffwerte weiter zu senken. Dazu gehören auch die Anstrengungen zum weiteren Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs in der Landeshauptstadt. So wird auf der B 14 – der Verkehrsachse am Neckartor vorbei – eine Expressbuslinie über den Cityring eingerichtet, um zwischen Bad Cannstatt und der Innenstadt ein zusätzliches ÖPNV-Angebot zu schaffen. Außerdem sollen weitere Busse sowie für die Stadtbahn zusätzliche Fahrzeuge angeschafft werden. Das Land setzt überdies auch großräumig auf ein weiteres attraktives Nahverkehrsangebot durch die vom Dezember dieses Jahres an schrittweise Betriebsaufnahme der Metropolexpresslinien, die aus den umliegenden Regionen auf Stuttgart zulaufen. Auch die Umrüstung der Fahrzeugflotten in der Landeshauptstadt soll zur Luftreinhaltung beitragen.
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Seit Abschluss des Vergleichs im April 2016 hat das Land eine Vielzahl von Maßnahmen geprüft und hierzu aufwändige Gutachten zu den Verkehrsreduzierungspotentialen sowie zu etwaigen unerwünschten Nebenwirkungen (Verkehrsverlagerungseffekte) erstellen lassen. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass diese Maßnahme rechtlich nicht umsetzbar ist.
Rein rechnerisch ließe sich zwar durch die Maßnahme M2c (einzelstreckenbezogene Sperrung am Neckartor) eine Reduzierung des absoluten Verkehrsaufkommens am Neckartor in der Größenordnung erreichen, die der Vergleich nennt. Dies zeigen die gutachterlichen Untersuchungen dieser Maßnahme. Ein solches Verkehrsverbot wäre aber aus drei Gründen nicht rechtmäßig:
- Zum einen ist es für das Land derzeit von vornherein nicht möglich, Verkehrsverbote zu ergreifen, die nach dem Emissionsverhalten der Fahrzeuge weitergehend differenzieren, als es die Plakettenregelung des Bundes (35. BImSchV) tut. Und nach dieser Plakettenregelung in ihrer heute geltenden Fassung sind auch Diesel-Pkw mit schlechteren Abgasnormen als Euro 6 von Verkehrsverboten ausgenommen.
- Zum anderen würde ein solches auf Einzelstrecken bezogenes Verkehrsverbot zu unerwünschten Ausweichverkehren führen, die ihrerseits an den hiervon betroffenen Straßenabschnitten eine erstmalige oder weitergehende Überschreitung des Immissionsgrenzwerts für NO2 (Jahresmittelgrenzwert) als zuvor bewirkten. Dies machte ein solches einzelstreckenbezogenes Verkehrsverbot wegen Verstoßes gegen das sogenannte Verschlechterungsverbot des § 26 der 39. BImSchV gleichfalls rechtswidrig.
- Und schließlich wäre ein solches Verkehrsverbot mangels Plakette in der Praxis auch nicht wirksam kontrollierbar.
Quelle, Ministerium für Verkehr
Foto, Klaus