Das Gute sichtbar machen
In ihrem Gastvortrag beschäftigte sich die Philosophin und Wissenschaftlerin Prof. Dr. Annette Kleinfeld mit den Begriffen ETHIK – MENSCH – PHILOSOPHIE. Dazu transformierte sie den philosophischen Denkansatz von Kant auf die heutigen ethischen Verhaltensweisen um Antwort auf die Frage zu gegeben, ob Wirtschaftsethik letztendlich ein schwarzer Schimmel ist, der das Gute in der Gesellschaft sichtbar macht.
Veranstaltet von der Touristik der Stadt Bad Liebenzell begrüßte Ines Veith als Initiatorin der bereits zum dritten Mal veranstalteten Vortragsserie die Gäste im gut gefüllten Bürgersaal und zog ein begeistertes Fazit: „Das Thema zog trotz Corona-Beschränkungen ein breit gefächertes Publikum an und belegt, dass die Bad Liebenzeller Gespräche aus dem Sophi Park gut angenommen werden.“ Auch Lothar Hudy – bekannt als Philosoph unter den Künstlern der Region – war davon begeistert, „einmal auf zwei Stunden komprimiert zu erfahren, was die Menschen bewegt, oder besser ausgedrückt bewegen sollte, weil es viele Menschen gibt, die sich ganz einfach keine Gedanken machen.“
Foto, (S. Zoller) Prof. Dr. Annette Kleinfeld (links) gibt ihre Erkenntnisse an ihrem Lehrstuhl für Wirtschaft und Gesellschaft der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HTWG) Konstanz an die nächste Generation von Unternehmenslenkern weiter und referierte dank Initiatorin Ines Veith (rechts) erstmals bei den Bad Liebenzeller Gesprächen im SOPHI Park
Nach einer eingangs gegebenen Skizze zur Bedeutung des Begriffs und der historischen Entwicklung zur Ethik erörterte Professorin Kleinfeld die besondere Disziplin innerhalb der Philosophie, die ihren Ausgang in der Aufklärung hat. Dabei befasste sie sich zunächst mit der Frage: „Was ist Ethik“ – und warum ist Ethik insbesondere im 21. Jahrhundert eine ganz besonders wichtige Disziplin. Fokussiert auf die aktuell wirtschaftlichen Herausforderungen, unterstrich sie wissenschaftlich belegt, „dass ein langfristig nachhaltiger unternehmerischer Erfolg ohne Ethik und ohne Anstand nicht funktioniert.“
An dieser Gegenwartsdiagnose reflektierte Kleinfeld die Frage zu welchem Verhalten der Wirtschaft mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen geraten werden müsse und startete mit der Fragestellung: „Was ist der Unterschied von Ethik und Moral?“
Wie soll ich mich verhalten?
„Moral ist das, was wir alle gelernt haben, aus dem Elternhaus und in der Schule, und beantwortet die Frage für das >Wie soll ich mich verhalten< am besten“, so die Referentin, die den deskriptiver Begriff als eine gewachsene und für viele Menschen verinnerlichte Spielregel bezeichnet. Während Kinder noch moralische Fragen aufwerfen zeigt die menschliche Entwicklung auf, dass Erwachsene dazu neigen, darüber zu reflektieren, was uns die Eltern gesagt haben. „Schon Aristoteles sagte, es reicht eben nicht zu wissen, was das Richtige ist, sondern ich muss das Richtige auch einüben“, so der Tenor der Referentin, die damit begründet, dass es sich bei der Ethik nicht nur um das Verhalten oder das Handeln des Einzelnen sich selbst gegenüber, sondern darum geht, ein gut gelingendes Leben in einer Gemeinschaft zu führen. Während sie als Grundlagen für unser Grundgesetz „kodifizierte Spielregeln“ benennt, beschreibt sie die Aufgaben der wissenschaftliche Disziplin Ethik, die sich „Gedanken darüber macht, welche moralischen Orientierungen von der Mehrheit der Gesellschaft akzeptiert und als richtig und wichtig angesehen werden können.“ Einfacher ausgedrückt, ist das die Suche nach Werten und Normen, um daraus Spielregeln abzuleiten, die von einer Mehrheit akzeptiert werden können. Neben Vernunft, Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit zählt dazu in neuerer Zeit das globale Thema Nachhaltigkeit, um ökologische Ziele ebenso wie unternehmerische und wirtschaftliche Interessen gemeinsam mit gesellschaftlichen Bedürfnissen in eine Balance zu bringen.
Schwarzer Schimmel
„Von der Klimakrise über Wirtschaftsskandale finden wir in den Nachrichten nur negative Beispiele, die uns aufrütteln, aber keine Antworten liefern“, so Kleinfeld, die als eine der ersten deutschen Expertinnen auf dem Gebiet der Wirtschaftsethik die 2014 gegründete Interessensgemeinschaft Club of Hamburg seit Anbeginn als Gründungsmitglied begleitet und überzeugt davon ist, dass Wirtschaftsethik ein schwarzer Schimmel ist. Als ein sogenanntes Oxymeron, ist für sie das Bild vom schwarzen Schimmel ein Wiederspruch in sich, der ausdrückt, dass Dinge, die gut werden sollen, ein wenig Zeit beanspruchen. „Wenn man sich das Ganze näher anschaut, so weiß man, dass Schimmel schwarz zur Welt kommen und im Laufe ihres Lebens aufhellen.“
Daher ihr Credo: Man muss nicht nur den Schlagzeilen Glauben schenken, die uns tagaus und tagein über Skandale in der Wirtschaft erreichen. Beim näheren Hinsehen wird man feststellen, dass das Gros der Unternehmer in Deutschland und der kleinen und mittelständischen Betriebe sich genau um die Auflösung dieses Spannungsfeldes zwischen Gewinn, beziehungsweise Erfolg und Ethik Tag für Tag bemühen.“
Erfolg mit Anstand
Mit der Stiftung Club of Hamburg, versucht sie genau diesen Unternehmen, die sich seit jeher und um eine Balance von Erfolg und Anstand im Sinne von ethisch korrektem Handeln und Verhalten bemühen, eine sichtbare Plattform zu geben. Die Sichtbarkeit nach außen wird unterstützt durch einen Deutschen Ethik Index (DEX), der vor allem auf solche Unternehmen abzielt, die nur durch ihren Börsenwert (DAX), oder nach ihrem finanziellen Output bewertet werden, sondern entlang der Frage, ob sie ihren Erfolg auf eine zugleich ethisch korrekte und anständige Art und Weise erreichen.
Nach der anregend vorgetragenen Ausführung nutzten die Besucher im gut besuchten Auditorium die Gelegenheit für Rückfragen und weiterführender Debatte, so dass SOPHI Park Guide Iris Petersen die Veranstaltung final mit einem Satz auf den Punkt brachte: „Ethik ist, genauso wie die Philosophie gar nicht so abstrakt ist, wie man immer denkt.“
Text, Sabine Zoller