Neue Schaufensterausstellung zu Julius Lusser in der Widdersteinstraße 19
Eine Ausstellung des Bürgervereins Untertürkheim bis 1. Dezember 2022
Schaufenster Widdersteinstraße 19 – Foto: Enslin
Nicht nur die Gemeindekelter und das Wasserkraftwerk, immerhin 21 Gebäude im Stadtbezirk tragen die Handschrift von Architekt Julius Lusser, der vor 100 Jahren am 27. September 1922 gestorben ist.
Als Ortsbaumeister prägte er das Stadtbild Untertürkheims von 1900 bis 1905 mit seinem typischen Baustil, einer Kombination aus Ziegelstein und Fachwerk.
Es war der frühere Schultes Eduard Fiechtner, der Julius Carl Christian Lusser (geboren am 15. Dezember 1854 in Heilbronn) nach Untertürkheim holte. Der Architekt hatte zuvor fünf Jahre lang in Trossingen einen Stadtbahnhof und das E-Werk für den Betrieb der elektrischen Zugstrecke gebaut.
Fiechtner hatte ehrgeizige Pläne für Untertürkheim: Er wollte die in Cannstatt ansässige Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) nach Untertürkheim locken, garantierte Gottlieb Daimler eigens dafür die Stromversorgung. Am 15. August 1900 unterzeichneten Vertreter der Gemeinde und DMG den Vertrag über 185 000 Quadratmeter Baugebiet im Gewann Kies.
Lusser, am 1.11.1900 zum Ortsbaumeister der damals noch selbstständigen Gemeinde ernannt, entwarf den Lageplan für das Industriegebiet und schaffte die versprochene Infrastruktur: In den Jahren 1900 bis 1902 wurde nach seinen Plänen das Wasserkraftwerk an der Inselstraße gebaut, das erste kommunale Stromerzeugungsunternehmen in Württemberg. Noch heute erzeugt es Strom und ist als Industriedenkmal geschützt. Zudem entwarf er 1902 die Gemeindekelter für die Untertürkheimer Weingärtnergenossenschaft, die damals als modernste ihrer Art in Europa galt.
Auch das jetzt seinen Namen tragende Julius-Luser-Haus stammt von ihm. In der Bachstraße 38, heute Strümpfelbacher Straße 38, baute die Gemeinde 1903 das Mehrzweckhaus, in dem die Frauenarbeitsschule samt einer Wohnung, die Gemeindebackküche, die Gemeindewaschküche, ein Wäschetrockenraum, ein Bügelzimmer, das Eichamt sowie ab 1905 eine städtische Brennerei mit einem 417 Liter fassenden Kupferkessel untergebracht waren.
Mit der Eingemeindung Untertürkheims nach Stuttgart am 1. April 1905 endete die Ära Lusser, der fortan vor allem Wohnhäuser entwarf. Er starb am 27. September 1922. Seine letzte Ruhestätte auf dem Untertürkheimer Friedhof hat die Stadt in die Liste der erhaltenswerten Grabmale aufgenommen.
Fotos: Enslin
Info: neckarufer.info/schaufensterausstellung-zu-julius-lusser-in-der widdersteinstrasse-19/
Siehe auch: Stadtgeschichte – Die neue Kelter in Unter- türkheim – Bericht von 1904