50 Jahre Bürgerverein – Ein halbes Jahrhundert viel für und im Ort bewegt

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Der Bürgerverein Untertürkheim feierte am Dienstagabend sein 50-jähriges Bestehen in der Gaststätte Luginsland

15.3.2023 – Auf dem Papier gehört der Bürgerverein Untertürkheim zu den jüngeren Vereinen im Stadtbezirk. Er hat „nur“ 50 Jahre auf dem Buckel. Die Tradition des Vereins reicht eigentlich ins Jahr 1905 zurück und zudem ist seine Bedeutung für Untertürkheim groß.

Dies zeigte sich auch beim Jubiläumsfest am Dienstagabend in der Gaststätte Luginsland. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. In kurzweiligen Reden und einem Powerpoint-Vortrag nahmen Bürgervereinsvorsitzender Klaus Enslin, Bezirksvorsteherin Dagmar Wenzel sowie Bürgervereins-Vize Susanne Taschke die Festgäste mit auf eine Zeitreise. „Ich war verblüfft, aber es ist auch kennzeichnend für unsere deutsche Geschichte, dass der heutige Bürgerverein bereits der dritte in der Geschichte Untertürkheims ist“, sagte Wenzel.

Gaststätte Luginsland -Foto: M. Kuhn

Den ersten hatten die Untertürkheim 1905 als Reaktion auf die Vereinigung des unabhängigen Untertürkheims mit Stuttgart aus der Taufe gehoben. Er sollte ein Gegengewicht zu den politischen Entscheidungsträgern im fernen Stuttgarter Rathaus bilden und die Belange der Untertürkheimerinnen und Untertürkheimer vertreten. Das Sprachrohr des Wengerterorts erhob jedoch nur etwas länger als ein Jahrzehnt seine Stimme. Der erste Weltkrieg führte zur Auflösung. Den zweiten Anlauf stoppten die Nazis jäh. 1934 schalteten die Faschisten alle missliebigen Vereine gleich. Um wenigstens das Vereinskapital nicht in die Hände der „neuen Herren“ fallen zu lassen, brachte deren erster Vorsitzender Johannes Keinath das erste Heimatbuch heraus.

„Nach Ende des Zweiten Weltkriegs brauchte es dann 28 Jahre bis zur nächsten Gründung“, so Wenzel. Den Anstoß dazu gab 1973 der Kampf um die B 312, der heutigen B 14 mit dem Kappelbergtunnel. Die Umgehungsstraße sollte die Ortsmitte vom Durchgangsverkehr entlasten. Gründungsväter waren Karl Zibold und Emil Ziegler, der langjährige Erste Vorsitzende. Der rege Verein mischte sich aber nicht nur in die Kommunalpolitik ein, er engagierte sich auch aktiv im Ort. Ziegler und seine Mitstreiter organisierten den Weihnachtsmarkt – den ersten in einem Stuttgarter Stadtbezirk – sowie den Lampionumzug. 1983 brachte der Verein unter der Regie von Hermann Bruder das neue Heimatbuch heraus und bekam 1989 im ehemaligen Rotenberger Schulhaus ein Zuhause. Die heimatgeschichtliche Ausstellung wurde eröffnet.


Bric-á-Brac – Foto: M.Kuhn
Damals wie heute haben die Vereinsverantwortlichen ein Ziel: die Attraktivität des Ortes stärken, ihn bekannter machen und vor allem das Miteinander der Bewohnerinnen und Bewohner stärken. Diesem hehren Grundsatz blieb auch Zieglers Nachfolger Eberhard Hahn treu. Er wurde 1997 gewählt und war drei Jahre später mit Peter Vetter sowie dem damaligen AGUV-Vorsitzenden Peter Schürrle maßgeblich am großen Fest und Umzug zur 800-Jahr-Feier des Ortes beteiligt. Dazu entstanden die beiden Rundwanderwege um Untertürkheim samt den Begleitbroschüren und den Tafeln, die heute noch Touristen den Weg weisen. Gleiches gilt für die Ortstäfelchen, die auf baugeschichtliche Attraktionen an historischen Gebäuden im Ort aufmerksam machen. Investitionen des Vereins, die über Jahrzehnte Bestand haben. Dies gilt auch für die historische Weinpresse, die der Bürgerverein dem Ort am Bahnhof stiftete. Sie dient als Treffpunkt für die vielen Ortsführungen, die der seit 2011 amtierende Vorsitzende Klaus Enslin auch für Neuhinzugezogene anbietet. Enslin hält stadtgeschichtliche Vorträge und kuratiert jährliche Sonderausstellungen. Erst jüngst hatte seine aktuelle Ausstellung „Wasen im Wandel“ stadtweit für Beachtung gesorgt. Im April folgt nun „Süße Schokoladenstadt Stuttgart“ über Traditionsunternehmen wie Eszet, Haller, Ritter oder Tobler. Der Blick der Bürgervereinsaktiven um Enslin reicht jedoch auch in die Zukunft: Sie engagierten sich in den Workshops zur „immer noch nicht begonnenen“ (Taschke) Umgestaltung des Lindenschulviertels und in der Zukunftswerkstatt Untertürkheim.

Bezirksvorsteherin Dagmar Wenzel und Klaus Enslin – Foto: M. Kuhn

Doch mit Blick auf die anwesenden – vor allem älteren – Fest- gäste merkte Enslin auch die Sorge um die Zukunft der Bürger- vereine an. „Immer weniger junge Bürgerinnen und Bürger wollen sich engagieren.“ Bezirksvorsteherin Wenzel schlug deswegen die Umwandlung und Weiterentwicklung des Vereins in eine Bürgerstiftung vor. „Als Einlage der Stadt“, so Wenzel mit einem Augenzwinkern,  überreichte sie Enslin einen Scheck der Stadt über 500 Euro.

Doch was wäre eine Bürgervereinsveranstaltung ohne Kultur? Die Gruppe „Bric-á-Brac“, ein Quartett aus Untertürkheimer Eigengewächsen, umrahmte das Jubiläumsfest samt Buffet musikalisch. Mit argentinischem Tango, einem irischem Folk-Song, französischen Chansons wie Piafs „Je ne veux pas travailler“, Klezmer-Musik und einem unter die Haut gehenden italienischen Abendlied begeisterten sie die Gäste und animierten zwei von ihnen zu spontanen Liedvorträgen und einem stimmungsvollen Finale eines würdigen Jubiläumsabends.  (M. Kuhn)

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