Ein schwieriger Platz und seine Geschichte(n)
Der Schmalzmarkt in Gablenberg: ein ganz normaler alter Dorfplatz? Beileibe nicht, denn seine Geschichte ist eine ganz besondere, ja dramatische. Eine Ausstellung erzählt sie und wird am 30. April um 15 Uhr eröffnet.
Die neue MUSE-O-Ausstellung kann man nicht nur anschauen, sondern auch ertasten. Denn der Museumsverein hat zwei Modelle aus dem 3-D-Drucker erstellen lassen, die den Schmalzmarkt zeigen, wie er vor und nach 1935 aussah. Damit ist das Thema der aktuellen Schau zumindest teilweise auch für Menschen mit Sehbehinderung erfassbar; eine Legende in Braille-Schrift tut ein Übriges. Und alle anderen werden an dieser plastischen, sehr an- schaulichen Präsentation ebenfalls ihre Freude haben. „Da sieht und fühlt man ganz genau, was in dieser Zeit wegbricht und was dazukommt“, sagt Kurator Ulrich Gohl.
Der Schmalzmarkt – schwierig war und ist so manches in der Geschichte dieses Platzes, der zunächst gar keiner war. Hier standen einst Häuser, zwi- schen denen ein Bach durchfloss. Erst mit dem Abbruch mehrerer Gebäude im Jahr 1935 wurde eine freie Fläche geschaffen. Dass von diesem Abbruch ein Foto aufgetrieben werden konnte, findet Gohl „spektakulär“. Er hat es in einer kaum bekannten Zeitschrift gefunden.
Vom Mittelalter bis heute wird die Entwicklung dieses zentralen Gablen- berger Ortes erzählt, einschließlich der Zeit des Nationalsozialismus, in der er als Aufmarschplatz diente. Die Nazis bauten hier das „Haus der Volks- treue“, das nach Kriegsende kurz die antifaschistischen Arbeiterausschüsse beherbergte und dann als schnödes Bürogebäude aus dem Blick geriet. Der Platz diente als unansehnliche Lagerfläche. Ende der 1980er-Jahre wurden der Platz und sein Umfeld neu gestaltet und saniert, in diesem Zusammen- hang kam es auch zum „Brunnenstreit“. In den Jahrzehnten danach war der Schmalzmarkt mit Hocketsen oder dem internationalen Volksfest des Kultur- treffs ein gesellschaftlicher Mittelpunkt. Heute ist er für Markt, Flohmarkt, für die Kinder aus dem Karamba Basta und als Außenfläche für Gastronomen wichtig. Und mit der Frage einer möglichen, aber umstrittenen Neugestaltung wird ein neues Kapitel aufgeschlagen.
All das ist auf mehr als einem Dutzend Tafeln dargestellt und mit über 50 historischen Fotos illustriert. Unter ihnen sind weitere Raritäten: vergessene, lange nicht mehr veröffentlichte Bilder. Um Fotos geht es auch im „Medien- raum“, wo man vom Sessel aus eine Schau in Überblendtechnik verfolgen kann. Dabei werden historische und aktuelle Ansichten desselben Blickwin- kels „digital übereinander gelegt“, wie Gohl erklärt. Das ergibt faszinierende Eindrücke, die man an Bildschirmen auch im Detail nachvollziehen kann.
Den Ausstellungsmachern ist wieder einmal eine sehr lebendige Schau ge- lungen, obwohl sie – was ungewöhnlich ist – trotz mehrerer Aufrufe keinerlei Objekte aus der Bevölkerung bekamen. „Die Resonanz war null“, sagt Gohl. Aber das kann sich ja noch ändern, denn wie immer darf sich diese Ausstel- lung entwickeln. Es ist schon fast die Regel, dass während ihrer Laufzeit wei- tere Objekte oder Aspekte hinzukommen. So sind auch dieses Mal Ergänzun- gen willkommen, von Privatleuten ebenso wie von der Stadtverwaltung. Das zuständige Amt wollte eigentlich die neuesten Pläne für die Schmalzmarkt- Umgestaltung zur Verfügung stellen – und konnte es nicht, weil sie noch nicht so weit gediehen sind wie geplant. Schon dieser Punkt zeigt das Span- nungsfeld und die Dynamik des Themas.
Bei der Vernissage soll es dagegen bodenständig zugehen, was ja auch zu Gablenberg passt. Sie findet am Sonntag, 30. April, um 15 Uhr statt, begleitet von einem Grußwort der Bezirksvorsteherin Charlotta Eskilsson, einer Einführung durch Ulrich Gohl und einem Gläschen Gablenberger Wein sowie Hefe- zopf aus dem Stadtbezirk. aia
Der Schmalzmarkt. Geschichte, Gegenwart und Zukunft eines schwierigen Platzes
Fotos, Muse-o
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