Antrag: Stadträtinnen/Stadträte – Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion, SPD-Gemeinderatsfraktion, Fraktionsgemeinschaft PULS
Für die eine Generation ist sie ein Ort, der mit grandiosen Konzerten und Weltstars verknüpft ist. Für die andere Generation ist sie eine zerfallende Villa, die zurückerobert wurde, aber noch immer im Dornröschenschlaf verharrt. Seit 2013 ist nun klar: Die Stadt Stuttgart will den Menschen ihre Villa Berg zurückgeben, sanieren, beleben und für die Öffentlichkeit sichern. So hat es auch der Gemeinderat einstimmig beschlossen. Und dafür haben sich über 3.000 Menschen aus ganz Stuttgart seit vielen Jahren eingesetzt.
Nun wieder ganz auf Anfang zu gehen, wie von der CDU-Fraktion im Stuttgarter Gemeinderat gefordert, würde nicht nur das Projekt um viele Jahre zurückwerfen, sondern auch das hart erarbeitete Ergebnis der Bürger*innenbeteiligung ad absurdum führen. Eine erneute Bürger*innenbeteiligung würde viel Geld und Zeit kosten, die engagierten Bürger*innen brüskieren sowie Vertrauen verspielen. Wir stehen weiterhin zu dieser beispielgebenden Beteiligung, genauso wie zu unseren bisherigen, einstimmig gefassten Beschlüssen, um Villa und Park zeitnah den Bürger*innen zurückzugeben: saniert, restauriert und mit einem vielfältigen Angebot für alle Stuttgarter*innen.
Im Rahmen einer umfangreichen, langjährigen Bürger*innenbeteiligung entstand das Konzept für „Ein offenes Haus für Musik und Mehr“, das neben Veranstaltungsräumen auch Platz für Austausch und Begegnung ermöglicht und mit einer Gastronomie den Park belebt. Und das die Villa, das Engagement der Menschen vor Ort und die Bedürfnisse in einer Stadt wie Stuttgart widerspiegelt.
Das braucht natürlich auch angemessenen Raum, weshalb der Gemeinderat 2018 auch der damaligen großen Variante mit einem Anbau für Gastronomie und notwendigen Nebenräumen zugestimmt hat. Es ist bedauerlich, dass sich das anschließend erarbeitete Nutzungskonzept nun offenbar als zu umfangreich für die vorhandenen Flächen und auch die in der Machbarkeitsstudie dargelegten notwendigen Erweiterungen herausgestellt hat. Mit einem moderaten Anbau wie bislang angedacht lässt sich somit nicht alles umsetzen, was an
Bedarfen zusätzlich aufgerufen wurde.
Aber die nun vorgestellten Entwürfe, die, um das Konzept nichtsdestotrotz realisieren zu können, die Größe der An- bzw. Ergänzungsbauten zur Villa deutlich erhöht haben, gehen weit über die 2018 einstimmig beschlossene „große Variante“ hinaus und überschreiten in ihrer Gesamtfläche sogar die der eigentlichen Villa. Dies hätte enorme Kostensteigerungen, aber auch Eingriffe in den gerade in der Wiederherstellung begriffenen Park zur Folge. Die damals explizit zur vertieften Prüfung genannte „Einfügung des Erweiterungsbaus in das Ensemble Villa und Park“ ist aus dem Blick geraten.
Wir sehen die Notwendigkeit, dass sich im Rahmen des weiteren kooperativen Verfahrens die architektonischen Entwürfe wieder stärker an den Ergebnissen und Empfehlungen der Machbarkeitsstudie orientieren. Hierfür müssen Raumplanung sowie Nutzungskonzeption entsprechend realistisch angepasst werden.
Die Villa Berg besitzt das Potential, nicht nur für den Stuttgarter Osten, sondern für die ganze Stadt, Nutzen und Strahlkraft zu entfalten. Zahlreiche Vereine und Kultureinrichtungen, Kulturschaffende und Bürger*innen der Stadt sollen die Möglichkeiten der sanierten Villa nutzen können. Es wäre deshalb ein großer Verlust für die Stadtgesellschaft, wenn die Sanierung auf die lange Bank geschoben würde. Die Villa zerfällt weiter und die Baukosten steigen. Jede weitere Zeitverzögerung kostet viel Geld. Das bürgernahe „offene Haus für Musik und Mehr“ muss daher zeitnah realisiert werden – aber in einem Rahmen, der auch realistisch umsetzbar, verträglich und im Sinne der Bürger*innenbeteiligung ist.
Deshalb beschließen wir:
1. Wir stehen hinter der Sanierung und damit der Rettung der Villa Berg und dem Ergebnis der Bürger*innenbeteiligung für „Ein offenes Haus für Musik und Mehr“, genauso wie hinter der Wiederherstellung der dazugehörenden Parkanlagen.
2. Wir befürworten weiterhin einen ausreichenden, aber auch verhältnismäßigen Anbau, um eine Umsetzung des Konzepts mit einer funktionierenden Gastronomie zu gewährleisten.
3. Im Rahmen des schon laufenden kooperativen Verfahrens müssen nun im nächsten Schritt alle Rückmeldungen aus der Bürger*innenbeteiligung sowie der Gremien eingearbeitet und die vorliegenden architektonischen Entwürfe entsprechend überarbeitet werden. Das Raum- und Nutzungskonzept muss dabei unter Einbeziehung der bestehenden Beteiligungsgruppe hinsichtlich seiner zeitnahen Umsetzbarkeit und den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten angepasst werden.
4. Dabei sollen, wie in der Machbarkeitsstudie vorgesehen, möglichst alle Räume im Bestand einer kulturellen bzw. öffentlichen Nutzung im Sinne der Leitlinien zugeführt werden. Ergänzungen der Bausubstanz sollen im Sinne der 2018 einstimmig beschlossenen „großen Variante“ geplant und damit als „Einfügung des Erweiterungsbaus in das Ensemble Villa und Park“ gestaltet werden. Die Eingriffe müssen dabei auf ein ökologisch wie ökonomisch vertretbares Maß begrenzt werden.
5. Die grundlegend überarbeiteten Entwürfe mit angepasster Raumplanung und Nutzungskonzeption werden im ersten Quartal 2023 dem Gemeinderat sowie dem Bezirksbeirat erneut vorgelegt. Hierbei soll nicht allein die architektonische Gestaltung im Vordergrund stehen, sondern, wie bereits 2018 in der Machbarkeitsstudie geschehen, vor allem unterschiedliche Varianten dargestellt werden, um eine fundierte Abwägung der Auswirkungen einer notwendigen Anpassung des Raumkonzepts – baulich, inhaltlich und finanziell – zu ermöglichen.
Gez.
Petra Rühle Björn Peterhoff, B‘90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion B‘90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Lucia Schanbacher Jasmin Meergans, SPD-Gemeinderatsfraktion SPD-Gemeinderatsfraktion
Deborah Köngeter Thorsten Puttenat, Fraktionsgemeinschaft PULS Fraktionsgemeinschaft PULS
Archivfoto, Klaus