Vorsichtige Lockerungen der Corona-Verordnung im Bereich von Wirtschaft und Schulen
Mit der fünften Änderung der Corona-Verordnung beschließt die Landesregierung vorsichtige Lockerungen im Bereich von Wirtschaft und Schulen. Das Vorgehen orientiert sich am Schutz der Gesundheit und steht gleichzeitig im Einklang mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen.
Das Kabinett hat am 17. April im Umlaufverfahren die fünfte Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Corona-Verordnung beschlossen. Diese regelt unter anderem die Vorschriften zur Kontaktbeschränkung und die Frage, welche Einrichtungen, Geschäfte und Gastronomiebetriebe geöffnet werden können beziehungsweise geschlossen bleiben müssen. Die Basis der notwendigen Anpassungen bildet der Rahmenbeschluss aus der gestrigen Sondersitzung des Kabinetts zu den Entscheidungen, die Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin am vergangenen Mittwoch getroffen haben. Die neuen Regelungen für Geschäfte gelten ab Montag, 20. April.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigte sich überzeugt vom eingeschlagenen Vorgehen der schrittweise Lockerungen bei gleichzeitigem Fortbestand von strengen Hygiene- und Abstandsregeln: „Unser Weg einer verantwortungsvollen Öffnung orientiert sich am Schutz unser aller Gesundheit und steht zugleich im Einklang mit unseren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen. Es ist uns bisher gut gelungen, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Das ist aber leider keine Garantie dafür, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird. Deshalb kann es immer nur um ein vorsichtiges Vortasten gehen. Deshalb kann es auch jederzeit sein, dass wir Maßnahmen erneut anpassen müssen. Daher werden wir uns im Kreis der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin in einem engmaschigen Rhythmus von zwei Wochen jeweils darüber verständigen, wie weiter verfahren wird. Je disziplinierter wir uns alle an die Hygiene- und Abstandsvorgaben halten, umso größer ist die Chance, dass wir demnächst weitere vorsichtige Schritte der Öffnung gehen können.“
Öffnung von Läden bis zu 800 Quadratmeter
In Baden-Württemberg dürfen ab dem 20. April kleinere und mittlere Ladengeschäfte mit bis zu 800 Quadratmetern Verkaufsfläche bei Einhaltung der Hygienevorgaben und Abstandsregelungen wieder öffnen. „Das ist keine gegriffene Größe. Ab dieser Verkaufsfläche werden Einzelhandelsbetriebe nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte als großflächig bezeichnet. Sinn dieser Regel ist es, dass nicht alle Geschäfte gleichzeitig wieder öffnen, weil das einen Sog zu unseren Haupteinkaufsstraßen und Einkaufszentren zur Folge hätte“, erklärte Kretschmann.
Zudem können Autohäuser und Fahrradhändler sowie Buchhandlungen unabhängig von ihrer Größe wieder geöffnet werden. Die Möglichkeit des Außer-Haus-Verkaufs bei Gaststätten wird erweitert um Eisdielen und Cafés. Auch Bibliotheken können unter Auflagen wieder geöffnet werden. Friseurbetriebe dürfen voraussichtlich ab dem 4. Mai wieder ihre Dienstleistungen anbieten. Dazu werden in einer späteren Änderung der Verordnung Regelungen erlassen.
Schulen öffnen am 4. Mai für Abschlussklassen
In Baden-Württemberg werden ab dem 4. Mai erst einmal nur diejenigen Schülerinnen und Schülern der allgemein bildenden Schulen wieder in die Schule gehen, bei denen in diesem oder im nächsten Jahr die Abschlussprüfungen anstehen, sowie die Abschlussklassen der beruflichen Schulen. Zu weiteren Schritten der Öffnung wird das Kultusministerium ein Konzept erarbeiten, ebenso zu den notwendigen Hygienevorgaben.
Die Kindertageseinrichtungen und Kindergärten bleiben weiter geschlossen. Denn dort wäre das Infektionsrisiko besonders hoch, da sich Kinder in diesem Alter noch nicht ausreichend an die notwendigen Abstands- und Hygieneregeln halten können. Die Notbetreuung in den Kindertageseinrichtungen, Grundschulen und an den weiterführenden Schulen wird weiter aufrechterhalten und ausgeweitet „Mir ist bewusst, dass es für viele Eltern gerade eine hohe Belastung ist, die Betreuung der Kinder und ihre Arbeit unter einen Hut zu bringen. Und ich weiß auch, dass die Erwartungen und Wünsche besonders groß sind, die Notbetreuung auf weitere Berufsgruppen auszuweiten und mehr Kinder einzubeziehen“, sagte der Ministerpräsident.
„Das Kultusministerium führt derzeit unter Hochdruck die Gespräche mit den Trägern und Verantwortlichen und wird konkrete Regelungen ausarbeiten.“ Fest stehe bereits, dass Schüler der siebten Klasse in die Notbetreuung mit einbezogen würden. Darüber hinaus sollen auch Eltern, die aufgrund ihres Berufes einen bestätigten Bedarf haben, diese in Anspruch nehmen können. Diese Schritte seien notwendig, wenn in den kommenden Wochen das wirtschaftliche Leben wieder hochgefahren werde und somit mehr Menschen wieder in einem Präsenzbetrieb arbeiten würden. „Klar ist aber auch, dass das Ganze eine Notbetreuung bleiben wird und wir aus epidemiologischen Gründen nicht alle Familien entlasten können, auch wenn sie gerade zweifelsohne unter hohem Druck stehen.“
Hochschulen öffnen am 20. April mit digitalem Betrieb
Der Studienbetrieb an den Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, Kunst- und Musikhochschulen, Hochschulen für angewandte Wissenschaften, der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) und den Akademien des Landes bleibt bis zum 3. Mai ausgesetzt, wird aber ab dem 20. April digital wieder aufgenommen. Präsenzveranstaltungen sind nur unter besonderen Schutzmaßnahmen zulässig und auch nur, wenn sie zwingend notwendig sind. Mensen und Cafeterien bleiben geschlossen.
Aufruf zum Maskentragen
Die Anpassung der Verordnung sieht außerdem vor, dass das Abstandsgebot und Kontaktbeschränkungen aufrecht erhalten bleiben. Bürgerinnen und Bürger bleiben aufgefordert, generell auf private Reisen und Besuche – auch von Verwandten – zu verzichten.
Ergänzend sprach Ministerpräsident Kretschmann die dringende Empfehlung aus, ab sofort in der Öffentlichkeit, vor allem in Bussen und Bahnen sowie beim Einkauf in Geschäften nicht-medizinische, sogenannte Alltagsmasken zu tragen. „Ein Schal, ein Tuch oder eine selbst gemachte Stoffmaske über Mund und Nase reicht aus. So kann jeder mithelfen, die Verbreitung des Virus weiter zu verlangsamen und Menschenleben zu retten.“
Veranstaltungen weiterhin grundsätzlich nicht möglich
In Baden-Württemberg bleiben Veranstaltungen zunächst bis zum 3. Mai 2020 grundsätzlich untersagt – außer sie dienen der Aufrechterhaltung des Arbeits- und Dienstbetriebs, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (etwa Gerichtstermine), der Daseinsfür- oder -vorsorge oder dem Betrieb von geöffneten Einrichtungen.
Darüber hinaus sollen nach dem Beschluss von Bund und Ländern Großveranstaltungen voraussichtlich bis mindestens 31. August nicht möglich sein. Hierzu müssen die Details noch festgelegt werden.
Auch die Einschränkungen hinsichtlich der Religionsausübung bleiben zunächst bestehen. Kretschmann kündigte an, mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften sprechen zu wollen, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln, wie in Zukunft wieder Gottesdienste unter Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln stattfinden können.
Aktuelle Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg
Richtlinie für die Öffnung des Einzelhandels
Wirtschaftsministerium: Auslegungshinweise zur Corona-Verordnung (PDF)