Folgen eines Ausstiegs: Stuttgart wäre der Gewinner!
Pressemitteilung Stuttgart, 18. November 2011
Peter Pätzold, Fraktionsvorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und Gangolf Stocker, Stadtrat der SÖS, kritisieren das von OB Schuster mit unterzeichnete Schreiben an Ministerpräsident Kretschmann „Folgen eines Ausstiegs des Landes aus dem Bahnprojekt Stuttgart 21“ deutlich und fordern die Verfasser auf, von weiteren derartigen Drohbriefen abzusehen.
„Es spricht Bände, wenn sich die drei Unterzeichner auf die ‚Wahrung ihrer Rechtsposition‘ berufen – also auf Verträge, von denen wir mittlerweile wissen, dass sie unter Vorlage falscher Zahlen durch die Gremien gepeitscht wurden“, so Pätzold. „Von OB Schuster erwarten wir, dass er stattdessen die Interessen der Stadt seiner Tätigkeit zugrunde legt. Umso mehr, als die Stadt der große Gewinner eines Ausstiegs wäre.“
Durch die Rückabwicklung der Grundstücksgeschäfte mit der Bahn könne sich die LHS über einen rund 700 Mio. EUR schweren Geldregen freuen, hochwillkommen gerade jetzt, wo die Rückflüsse aus der städtischen Beteiligung an der LBBW weg brechen.
Zudem müsste sie in den nächsten zehn Jahren nicht auf Verzugszinsen in Höhe von insgesamt über 212 Mio. EUR verzichten.
Und sie wäre das Risiko los, unnütze Grundstücke für überteuertes Geld gekauft zu haben, weil die Grundstücke nicht vom Eisenbahnbetrieb entwidmet sind, aber ein privater Betreiber angekündigt hat, den Betrieb weiterführen zu wollen.
Das Bedauern mit der Bahn halte sich in Grenzen, wenn diese ihre ‚Spekulationsgewinne‘ (und manche Manager ggf. daraus resultierende Boni) wieder rückbuchen müsse. Da sie die Grundstücke wieder bekomme, entstünde ihr kein materieller Schaden.
Nahezu schamlos sei es, wenn die drei Unterzeichner ein Projektcontrolling anmahnen. „Tatsache ist, dass nur auf Druck der Projektgegner immer weitere Kostensteigerungen durch die Bahn eingeräumt werden mussten – wobei wir alle wissen, das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht“, so Stocker. Er erinnert daran, dass die Bahn sich einem weiteren Treffen des Lenkungsausschusses verweigere und dass sie, trotz massiver Forderung des Ministerpräsidenten, ihre aktuelle Kostenkalkulation nicht öffentlich mache: „Schuster, Bopp und Wopperer hätten schon längst einen Brief an die Bahn schreiben und die transparenten Kostenberechnungen einfordern müssen, wenn sie es denn ernst meinen.“
Im Schreiben werden wieder die Neubaustrecke und der Tunnelbahnhof miteinander als zwingend verbunden genannt. Dass das nicht stimmt, habe der Faktencheck im letzten Jahr ergeben. Es handele sich um zwei getrennte Projekte. Selbst der Bundesverkehrsminister habe dies im April 2011 festgestellt, als er sagte, dass Wendlingen-Ulm „im Prinzip“ auch ohne Stuttgart 21 gebaut werden könne, „weil es sich im Unterschied zu Stuttgart 21 um eine Bedarfsplanmaßnahme handelt, die ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten unterliegt“. Die Neubaustrecke ist im Bundesschienenwegegesetz festgeschrieben, der Neubau des Tiefbahnhofes nicht. Die Bahn muss die Neubaustrecke also bauen. Den Tiefbahnhof nicht – der ist ihr eigenes „Vergnügen“.
Mit Interesse konstatieren Pätzold und Stocker, dass Stadt und Region jetzt auch erstmals die Wirtschaftlichkeit des Tiefbahnhofs in Frage stellen. Ohne die Neubaustrecke habe das Projekt Stuttgart 21 ‚ein negatives Kosten-Nutzen-Verhältnis‘, wie dem Schreiben zu entnehmen ist.
Stocker: „Das lässt tief blicken, wie es um das Projekt eigentlich bestellt ist“.
Warten wir’s ab, was sich in gut einer Woche ergibt, wenn der Volkswille abgefragt ist und das Ergebnis vorliegt.