Guten Tag,
am Sonntag, den 04.09. laden wir wieder zur Besichtigung des Luftschutzstollens in der ehemaligen Gaishalde in Bietigheim-Bissingen ein.
Der Stollen liegt neben der B27 im Fels unter der katholischen Kirche St. Laurentius (Bushaltestelle Auwiesenbrücke). Parkmöglichkeiten gibt es auf dem aldi-Parkplatz in der Wobachstraße.
Der Bereich dieser Bushaltestelle war bis zum Ausbau der B27 Anfang der 1970er Jahre ein Wohngebiet, von dem heute neben wenigen Gebäuden nur noch er zugehörige Luftschutzstollen erhalten ist. Dieser wurde in der Spätphase des 2. Weltkriegs errichtet, als im Gebiet der Stadt Bietigheim ab April 1944 insgesamt 6 Zivilschutzstollen zum Schutz vor gegnerischen Luftangriffen geschaffen wurden. Auf Bissinger Gemarkung entstanden weitere fünf Anlagen.
Die Größe Bietigheims mit rund 9.000 Einwohnern 1939 ließ die Stadt für Luftangriffe lange Zeit unattraktiv erscheinen. Gegen Ende 1943 wurden aber auch zunehmend kleinere Städte von verheerenden Angriffen getroffen, so dass sowohl Bietigheim als auch Bissingen den Bau von Luftschutzstollen in die Muschelkalkfelsen auf beiden Seiten der Enz initiierten.
Für die Baustellen wurden überwiegend Kriegsgefangene aus dem zentralen Durchgangslager am Bietigheimer Bahnhof rekrutiert. Viele stammten aus Osteuropa, aber auch aus Italien, mit dem sich Deutschland seit Oktober 1943 im Krieg befand. Die Arbeiten wurden mit höchster Eile, aber auch bereits beeinträchtigt von Materialmangel ausgeführt. Die Ausstattung der Stollen war auf das Nötigste beschränkt. So gab es kaum elektrisches Licht und keine Sanitärinstallationen. Auch Lüftungsanlagen waren nicht vorhanden. Die Wände blieben unverkleidet. Sitzgelegenheiten gab es auf hölzernen Bänken.
Die Stollen waren bei Alarmen und Luftangriffen teils dramatisch überfüllt. Nach den ersten Luftangriffen auf Bietigheim im Dezember 1944 und Januar 1945 dienten sie auch einigen Familien als Notunterkunft, deren Häuser nicht mehr benutzbar waren. Allerdings waren die Stollen dafür überhaupt nicht ausgelegt und die Bedingungen, unter denen diese Familien campierten sind kaum noch vorstellbar.
Als im April 1945 französische Truppen die Weststadt besetzten entbrannte inmitten der Stadt ein 12-tägiger Kampf mit den deutschen Verteidigern oder Oststadt. Die Bietigheimer, die lange Zeit das Glück hatten, nicht von Luftangriffen heimgesucht zu werden, lebten nun unter Artilleriebeschuss von beiden Seiten. Innerhalb des Stadtgebiets spielten sich unbeschreibliche Szenen ab. Die Luftschutzstollen erwiesen sich dabei als sichere Zuflucht. Dennoch kamen in diesen Tagen dutzende Zivilisten ums Leben.
Der Luftschutzstollen Gaishalde ist der einzige ehemalige Luftschutz-Stollen in Bietigheim-Bissingen, der heute noch besichtigt werden kann. Wir zeigen ihn von 11:00 h – 17:00 h.
Norbert Prothmann
Forschungsgruppe Untertage e.V.
Foto, Blogarchiv
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