Pressemitteilung der SSB
„Als einen langen Weg zur Stadtbahn“ bezeichnete SSB-Vorstandssprecher Wolfgang Arnold den Abschluss der Bauarbeiten für die Stadtbahnlinie U12 von der Haltestelle Wallgraben nach Dürrlewang. „Stuttgarts größtes Gewerbegebiet, der Synergiepark, ist nun an die Stadtbahn angebunden – rund fünfzehn Jahre nach den ersten Planungsgesprächen.“ so Arnold. Für die SSB sei diese rund 1,1 Kilometer lange Neubaustrecke ein wichtiger Abschnitt in der Gesamtkonzeption der Stadtbahnlinie U12. Sie wird zukünftig Dürrlewang und sein benachbartes Gewerbegebiet mit der Innenstadt und ihren Einkaufsmöglichkeiten, Kultureinrichtungen sowie mit Stuttgarts großem Naherholungsgebiet und größtem Gewässer, dem Max-Eyth-See, verbinden.
Arnold zeigte sich zuversichtlich, dass der Abschnitt nach Dürrlewang eine genauso stetig steigende Nachfrage und Entwicklung bei den Fahrgastzahlen haben werde, wie sie bisher auf allen Neubaustrecken zu verzeichnen war. Der SSB-Vorstandssprecher bedankte sich ausdrücklich bei den Bürgerinnen und Bürgern, die durch die besonderen verkehrlichen Auswirkungen der Baumaßnahme belastet waren, für ihre Kooperation. Dieser Dank gilt ebenso den Unternehmen im Synergiepark, sowie deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die während der Bauzeit der U12 ihre Produktions- und Arbeitsstätten nur erschwert erreichen konnten.
„Die Diskussion um die Entscheidung zum Bau der U12 nach Dürrlewang gehört sicherlich zu den aufsehenerregendsten Vorgängen in der Geschichte des Stuttgarter Stadtbahnbaus“, so Arnold rückblickend auf die Planung. Sie zeigt auch, wie sinnvoll umfangreiche, öffentliche und vor allem sachliche Diskussion aller Vor- und Nachteile einer Maßnahme im Vorfeld sind, so dass die zu entscheidenden Kommunalpolitiker tatsächlich eine Entscheidung im Sinne aller Bürger treffen können.
Er dankte in dem Zusammenhang dem U12-Unterstützerkreis, aus dem heraus immer wieder Ideen und Vorschläge zur Planung kamen. So sei die ursprüngliche Lage der Endhaltestelle umgeplant worden. Heute liegt sie östlich der Straße, so dass die Fußwege erhalten werden konnten. Auch für die Parkplätze des „Hochhauses“ wurde gemeinschaftlich eine Lösung gefunden, in dem die Zufahrt von einer Nebenstraße aus eingerichtet wurde. Es sei immer schwierig, sich in einem gewachsenen Umfeld, sei es Industrie- oder Wohngebiet, plötzlich eine Schienenstrecke vorzustellen, nahm Arnold Bezug auf die sehr kontroversen Diskussionen in der Bürgerschaft und die kritische Bewertungen aus der Schutzgemeinschaft Dürrlewang.
Zum Bauablauf betonte der Unternehmensbereichsleiter Technische Infrastruktur Winfried Reichle: „Der Stadtbahnbau ist planmäßig verlaufen, weniger planmäßig aber das, was die Bauvorbereitung im Untergrund betraf, nämlich die Kabelverlegearbeiten. Fehlende, falsche oder ungenaue Dokumentationen darüber, was im Untergrund verlegt sein sollte, hat die SSB ordentlich ins Schwitzen gebracht. „Allein 24 verschiedene Leitungsbetreiber mussten kontaktiert werden.“. Der SSB-Mann zieht aber ein positives Fazit: „Über und unter den Schienen ist jetzt alles geordnet und die Bezeichnung „Industrieboulevard“, wie die Wirtschafts- und Industrievereinigung die Straße Am Wallgraben sieht, entspricht dem, was in den letzten drei Jahren gebaut wurde.“
Der Unternehmensbereichsleiter Betrieb, Nils Himmelmann, stellte den Fahrplan der U12 vor. Die U12 fährt werktags tagsüber im 10-Minuten-Takt, in den späteren Abendstunden im 15-Minuten-Takt. Obwohl die Haltestellen bereits für 80-Meter-Züge gebaut sind, wird die U12 gut ein Jahr lang mit 40-Meter-Zügen unterwegs sein. Erst nach Abschluss der Bauarbeiten der Strecken durch das Europaviertel und vom Hallschlag zur Aubrücke werden Doppelzüge eingesetzt. Die Fahrzeit bis zum Hauptbahnhof beträgt 23 Minuten. Ein Einzelticket (zwei Zonen) bis zum Bahnhof kostet 2 Euro 80. Himmelmann: „Für die Bürgerinnen und Bürger in Dürrlewang ist die Buslinie 81 auch nach Inbetriebnahme der U12 sehr wichtig; sie bleibt als Verbindung nach Rohr und Vaihingen.“ Die Stadtbahnhaltestelle und die Bushaltestelle werden künftig beide Dürrlewang heißen, die heutige Bus-Endhaltestelle heißt künftig Lambertweg. Nils Himmelmann abschließend: „Wir hoffen, dass die U12 nicht nur viele Beschäftigte und Bürgerinnen und Bürger überzeugt, sondern vielleicht auch den Unternehmen einen Impuls gibt, ihren Mitarbeitern Firmentickets zu ermöglichen“.
U12 nach Dürrlewang: Die Strecke
Dem Gewerbegebiet Vaihingen/Möhringen wird eine für die Wirtschaftskraft der gesamten Region Stuttgart herausragende Bedeutung zugeschrieben. Namhafte Großunternehmen haben hier eine Niederlassung. Das als Synergie Park Stuttgart titulierte Gewerbegebiet ist das größte der Landeshauptstadt. Wegen der verkehrsgünstigen Lage nahe des Stuttgarter Flughafens, der neuen Landesmesse sowie der direkten Anbindung an Autobahn und Bundesstraße ist es für Betriebe attraktiv, die Nähe zu Universitäts- und Forschungseinrichtungen der Universität Stuttgart trägt ebenso dazu bei. Um die im Industriegebiet hohen verkehrlichen Belastungen zu mildern, wurde die Stadtbahnlinie U12 nach Dürrlewang verlängert.
Die neue Stadtbahnstrecke ist rund 1.100 Meter lang und hat zwei neue Haltestellen, Lapp Kabel und Dürrlewang. Die bisherige Haltestelle Wallgraben wurde von der West- auf die Ostseite der Straße Am Wallgraben verlegt, damit sie von allen dort verkehrenden Stadtbahnlinien (U3, U8 und U12) bedient werden kann. Die Strecke verläuft überwiegend zweigleisig und größtenteils in einem Grüngleis – hier erstmals bei der SSB als Magerwiesengleis ausgeführt – teilweise in Mittel- und Seitenlage. Durch die besonders nährstoffarme und dünne Bodensubstratschicht werden sich dort genau solche Pflanzen ansiedeln, die in üblichen städtischen Grünflächen seltener vorkommen und eine wichtige Nahrungsquelle für Wildbienen und andere seltene Tiere darstellen. So wird die Pflanzenvielfalt derjenigen auf den Magerweisen der Schwäbischen Alb ähneln.“
Nach der Haltestelle Wallgraben und im Bereich des Bahnübergangs Wallgraben zweigt die Neubaustrecke der U12 von der bestehenden Strecke ab. Danach verläuft die Trasse im eigenen Bahnkörper als Rasenbahnkörper in Straßenmitte. Von den beiden Fahrbahnen links und rechts des Bahnkörpers wurde jeweils ein Fahrradschutzstreifen abmarkiert, der im Bedarfsfall von Kraftfahrzeugen genutzt werden darf.
Die drei Knotenpunkte der Straße Am Wallgraben mit der Schockenriedstraße, der Industriestraße sowie der Heßbrühl-/Schulze-Delitzsch-Straße wurden zu Kreisverkehren umgebaut. An den Kreisverkehren wird die querende Stadtbahn durch Signale gesteuert. Auf beiden Seiten der Kreisverkehre gibt es Fußgängerquerungen der Gleise mittels Überwege nach der modernsten Bauform „Z“. Die Querung der Fahrbahnen, wie auch die Querung der jeweiligen Querstraßen, erfolgt über Zebrastreifen.
Nach rund 600 Metern liegt zwischen der Breitwiesenstraße und der Heßbrühlstraße die Haltestelle Lapp Kabel mit Seitenbahnsteigen. Mit der Querung der Heßbrühl-/Schulze-Delitzsch-Straße schwenkt die Stadtbahn in die westliche Seitenlage. Ab hier nutzt sie in beiden Richtungen auf rund 200 Meter Länge ein gemeinsames Gleis. So konnte dort der Baumbestand östlich der Galileistraße geschont werden. Kurz vor der Einmündung des Uranusweges in die Galileistraße endet der eingleisige Bereich. Die Gleistrasse schwenkt in die östliche Seitenlage und führt in die Endhaltestelle Dürrlewang mit einem 5 Meter breiten Mittelbahnsteig. Sie befindet sich östlich der Galileistraße. Sie liegt so, dass die bestehende Baumreihe mit Blutbuchen erhalten werden konnte. Die Haltestelle ist nach hinten so abgesenkt, dass der Bahnsteig ebenerdig ohne Rampe verlassen werden kann. Er führt auf einen kleinen Platz, an dem sich die stadteinwärtige Haltestelle der Buslinie 81 befindet. Die stadtauswärtige Haltestelle der Buslinie liegt gegenüber. In der Freifläche zwischen Haltestelle und Gebäude Herschelstraße 1 wurde ein eingeschossiges Betriebsgebäude mit einem Unterwerk zur Fahrstromversorgung, technischen Einrichtungen und Sozialräumen für das Fahrpersonal gebaut.
Rückblick: Zur Planung
Die ersten Überlegungen für eine Stadtbahn nach Dürrlewang liegen fast fünfzehn Jahre zurück. Im Auftrag der Wirtschafts- und Arbeitsförderung der Landeshauptstadt Stuttgart und der Wirtschafts- und Industrievereinigung Stuttgart e.V. wurde 2001 eine Bestandsanalyse für das Gewerbegebiet Vaihingen/Möhringen durchgeführt, um Nachverdichtungs- und Entwicklungspotenziale zu ermitteln und neue Arbeitsplätze zu schaffen. In diesem Zusam- menhang erhielt das Gewerbegebiet auch einen neuen Namen: Synergiepark Stuttgart. Unter dem Stichwort Verbesserung der verkehrlichen Infrastruktur wurde in der Studie der Bau einer Stadtbahnlinie durch das Gewerbegebiet entlang der Straße Am Wallgraben als eine der wichtigsten Maßnahmen bezeichnet. Schon in den ersten Planungen wurde vorgeschlagen, die Stadtbahnlinie über das Gewerbegebiet hinaus bis in den Stadtteil Dürrlewang und weiter zur S-Bahn nach Rohr zu führen. Die Weiterführung nach Rohr erwies sich wegen der räumlichen Situation als nicht realisierbar.
2005/06 wurde eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für die Strecke nach der Verfahrens- vorschrift der „Standardisierten Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen des ÖPNV“ durchgeführt. Sie ergab bei dem für das Nutzen-Kosten-Verhältnis entscheidenden Indikator einen Wert von 2,0; dieser zählt zu den höchsten Werten, die bisher in Stuttgart für Stadtbahnprojekte nachgewiesen wurden. Damit waren die Voraussetzungen für eine Förderung des Vorhabens aus Mitteln des Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes erfüllt. Es folgte die Detailplanung und die Abstimmung mit den städtischen Ämtern, der Aufsichtsbehörde und den Anliegern. Ende 2009 wurde die Planung schließlich in öffentlichen Sitzungen der Bezirksbeiräte Vaihingen und Möhringen und an einem Informationsabend im Ev. Gemeindehaus in Dürrlewang den Bürgern vorgestellt, es folgte eine weitere Bürgerinformation Anfang März 2010. Mit der Zustimmung der politischen Gremien, also Bezirksbeiräte und Gemeinderat wurde 2010 das Baurecht mit der Planfeststellung beantragt, und vom Regierungspräsidium Stuttgart am 22. Januar 2013 bewilligt. Bei der Planung wurde besonders auf den Erhalt des mehrere Jahrzehnte alten Blutbuchenbestands östlich der Straße Am Wallgraben geachtet und die Trassierung weitestmöglich darauf abgestimmt. Für Bäume, die nicht erhalten werden konnten, wurden Ausgleichspflanzungen vorgenommen. Mit dem Stadtbahnbau entfallen im Industriegebiet rund 110, im Wohngebiet 55 Parkplätze, die durch die Verlagerung von Fahrten auf den ÖPNV kompensiert werden können.
Zahlen zum Bau
Aushub: rund 80 000 cbm
Kabelrohre: 50 km
Asphalt: 25 000 qm
Schienen: 3710 m
Bäume erhalten: 100 (Betreuung durch Baumsachverständiger)
Neupflanzungen: 89 Bäume
Zuschuss-Situation
Das Land fördert die Strecke mit 75 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten. 25 Prozent trägt die SSB.
Weitere Abschnitte der U12 im Bau
Zwei weitere Abschnitte der U12 sind noch im Bau. Sie werden im 2. Halbjahr 2017 in Betrieb gehen:
– U12 durch das Europaviertel mit der neuen Haltestelle Budapester Platz direkt bei der Stadtbibliothek
– U12 Hallschlag – Aubrücke mit der Haltestelle Bottroper Straße
Info SSB und Stadt Stuttgart Perspektiven und Voraussetzungen für Kapazitätserweiterungen im ÖPNV.pdf
Noch ein paar Fotos unter Stadtbahnhaltestelle Dürrlewang ab 13. Mai 2016
Fotos, SSB, Klaus